Der Diversity, Equity & Inclusion Podcast von BeyondGenderAgenda
DRIVING CHANGE
Der Diversity Podcast von BeyondGenderAgenda
Gemeinsam mit ihren Gäst: innen setzt CEO und Gründerin Victoria Wagner die Themen Diversity, Equity und Inclusion (DE&I) auf die Agenda der deutschen Wirtschaft. DE&I bezogene Fragen und aktuelle Ereignisse werden erörtert und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Durch das Teilen persönlicher Erfahrungen und konkreter Lösungsansätze wird ein Beitrag zu einer diverseren und inklusiveren Wirtschaft geleistet.
Gemeinsam mit ihren Gäst: 09.09.21 EPISODE MIT SABINE MUELLER – DHL CONSULTING
Sabine: Ich hatte eine Partnergruppe, die komplett männlich und komplett deutsch war und ich hatte manchmal das Gefühl, die sprechen eine andere Sprache als ich und stehen so als Mauer vor mir. Ich habe gesagt, ich fände das cool, lass uns das machen. Die waren sich immer einig und waren immer einer Meinung und waren ganz dezidiert auch gegen manche Sachen. Und dann habe ich gesagt, das kann so nicht sein, ich brauche Diversität in Meinung, also nicht zwingend mehr Männer oder mehr Frauen. So können wir nicht arbeiten. Wir müssen anfangen, auch mal ein bisschen quer zu denken.
Vicky: Hallo und herzlich willkommen zu DRIVING CHANGE dem Diversity Podcast. Ich bin Vicky Wagner, Gründerin und CEO von BeyondGenderAgenda und spreche mit meinen Gäst:innen darüber, was wir gemeinsam tun können, um die Themen Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion auf die Agenda der deutschen Wirtschaft zu setzen. Meine heutige Gesprächspartnerin ist Sabine Mueller. Sie ist CEO von DHL Consulting und seit Anfang des Jahres im Beirat von BeyondGenderAgenda. Sabine setzt sich insbesondere für die Förderung weiblicher Führungskräfte ein und hat sich zum Ziel gesetzt, gelebte Vielfalt in den Top-Managementetagen umzusetzen. Schön, dass du da bist, liebe Sabine.
Sabine: Vielen Dank für die Einladung, Vicky. Ich freue mich.
Vicky: Aber mit allergrößten Vergnügen und ich würde vorschlagen für die paar Zuhörer:innen, die dich vielleicht noch nicht kennen und es könnten nicht allzu viele sein. Vielleicht stellst du dich in deinen eigenen Worten noch mal vor.
Sabine: Also ich glaube, ich habe nicht viel zu ergänzen. Ich leitete DHL Consulting. Ein kleiner Werbeblock: Wir sind die Management- und Strategieberatung des Konzerns Deutsche Post DHL Gruppe. Wir sind 130 Berater, die den Konzern noch erfolgreicher machen und helfen wirklich, die Challenges wie Digitalisierung, Sustainability zu meistern. Wir sitzen in Bonn, Singapur, Miami und Shanghai. Und ja, ich mach das schon relativ lange, weil es mir einfach Spaß macht. Ich habe auch schon mehrfach versucht zu entkommen, aber wie gesagt, ich mache den Job sehr gerne, es ist jeden Tag etwas anderes und von daher bin ich seit 2007 jetzt schon dabei.
Vicky: Ja, super spannend auch dein Karriereweg und vor allen Dingen, dass du es eben bis ganz nach oben geschafft hast und CEO der Einheit bist, da gibt es ja nicht so viele weibliche. Wie war das möglich, so ein beeindruckender Karriereweg? Hattest du auf dem Weg Mentor:innen? Gab es irgendwelche speziellen Förderungen? Hast du dich einfach durchgebissen? Erzähl mal ein bisschen.
Sabine: Also, wenn ich jetzt sage, es ist einfach passiert, dann glaubt das keiner. Aber irgendwie ist es einfach passiert. Nein, ich hatte Sponsoren. Ich hatte ganz lange einen Sponsor, der an mich geglaubt hat und mich kontinuierlich ins kalte Wasser geschmissen hat und somit bin ich gewachsen. Und ich glaube, das war das eine. Zum anderen bin ich jemand, der natürlich auch ehrgeizig ist, selbstbewusst und auch mit Kritik umgehen kann. Also das glaube ich hat mir vor allen Dingen auch in der Männerwelt, in der ich aufgewachsen bin, sehr geholfen. Und das dritte, was ich immer dazu sagen würde, so ein Quäntchen Glück gehört halt auch dazu. Und Glück hab ich vielleicht auch noch ein bisschen gehabt. Also so würde ich sagen, so bin ich dazu gekommen.
Vicky: Vielen Dank für den persönlichen Einblick. Das heißt, da gab es jetzt nicht die Wunderwaffe, das Zauberpulver, irgendetwas, was wir abschauen können oder eine Lehre draus ziehen. Du hast aber für dich an irgendeinem Punkt deiner Karriere beschlossen, dich für Female Leadership einzusetzen, Frauen implizit zu fördern, Gender Equality zu einem Thema zu machen. Wann war das und warum hast du das so aktiv beschlossen?
Sabine: Also aktiv etwas beschlossen habe ich, als ich DHL Consulting übernommen habe, das war 2007. Da bin ich zurückgekommen und da hatte ich eine Partnergruppe, die komplett männlich und komplett deutsch war und ich hatte manchmal das Gefühl, die sprechen eine andere Sprache als ich und stehen so als Mauer vor mir. Ich habe gesagt, ich fände das cool, lass uns das machen. Die waren sich immer einig und waren immer einer Meinung und waren ganz dezidiert auch gegen manche Sachen. Und dann habe ich gesagt, das kann so nicht sein, ich brauche Diversität in Meinung, also nicht zwingend mehr Männer oder mehr Frauen. So können wir nicht arbeiten. Wir müssen anfangen, auch mal ein bisschen quer zu denken. Also so kam das. Ich bin in einer reinen Männerwelt aufgewachsen und ich habe auch ganz viele Schulung gekriegt, so machte man das früher, wie ein Mann zu sein. Also ich habe ganz viele lustige Anekdoten, ich glaube, da können wir heute eine Stunde sprechen. Ich habe neulich jetzt das erste Mal ein kleines Auto bestellt, weil in einer Schulung vor über 15 Jahren hat mir jemand gesagt, Frauen werden nicht erfolgreich, weil sie immer die kleinsten Autos bestellen. Ja, wenn man erfolgreich sein muss und wenn man auch einen VVP oder EVP ist, dann muss man ein großes Auto bestellen. Das machen Männer so. Und Sabine, du musst immer das größte Auto bestellen, was du auf der Liste findest. So, und das habe ich echt noch so verinnerlicht. Was für ein Quatsch. So, das heißt, ich habe lange gelernt, wie Männer sich verhalten und was richtig ist für eine Führungsposition und es hat wirklich eine ganze Zeit gedauert, weil ich auch keine female Vorbilder hatte – also Social Media gab es zu der Zeit noch nicht so – bis ich angefangen habe, das zu hinterfragen. Es ist ganz eigenartig, aber ich habe das echt am Anfang nicht wirklich hinterfragt. Es war so und ich habe mich da durchgeboxt und es hat funktioniert. Aber ich habe glaube ich so 2007, als ich zurückgekommen bin, das erste Mal angefangen, das zu hinterfragen. Und das will ich so nicht. Ich will das anders.
Vicky: Ja gut, es ist ja auch ein einprägsamer Schritt gewesen, wenn man plötzlich an der Spitze steht. Und wie du es so schön beschrieben hast, vor so einer Mauer der Männlichkeit. Das ist wahrscheinlich tatsächlich nicht sehr divers und ich erinnere mich auch noch sehr gut an die Zeit und an diese Schulungen, wie man denn Karriere macht, aber eigentlich ja auch nachvollziehbar, weil natürlich die Führungspositionen alle männlich besetzt und männlich geprägt waren. Also insofern war die Karriere männlich und wenn man da mitmischen wollte, als eine von wenigen Frauen, dann musste man es eben so machen, wie es gemacht wurde. Ja, herrlich. Ich kann es mir vorstellen, jetzt hast du also ein kleines Auto und bist hoffentlich happy mit deinem kleinen Auto.
Sabine: Ja genau und ich knüpfe die Größe des Autos nicht an den Erfolg im Job.
Vicky: Ja, genau man sollte Größe nie an Erfolg und so weiter und so fort …, sehr schöne Anekdote an dieser Stelle. Und du hast gesagt, das war so der Wendepunkt, wo du gesagt hast, du brauchst ein bisschen mehr Diversität, um auch Meinungsvielfalt zu haben und hast ja das ganze Thema, nicht nur zu deinem CEO-Thema, sondern auch zu einem DHL Consulting-Thema gemacht, einfach Diversität zu treiben. Was würdest du denn sagen? Wie weit seid ihr denn gekommen seit 2007? Wo steht ihr denn heute und habt ihr das Ziel erreicht?
Sabine: Also wir sind jetzt so bei 40 Prozent Frauen. Im Managementteam habe ich jetzt 50 Prozent. Und ich glaube das Ziel ist halbe-halbe, 50 Prozent Frauen, 50 Prozent Männer. Also wir sind auf einem sehr guten Weg. Wir haben das Ziel fast erreicht. Was ich aber leider merke, ist, es funktioniert nicht von selbst. Jedes Jahr muss ein Plan gemacht werden und wir müssen mehr tun. Wir müssen mehr tun, um Frauen zu attracten. Wir müssen mehr tun, um auf die 40 Prozent Frauen zu kommen, als wir normal tun müssen. Wir sind in 2021, also von 2007 ist es eine lange Zeit. Ja, wir müssen schon immer noch was dafür tun und ich darf den Finger und den Druck nicht weglassen.
Vicky: Ja, spannend. Und vermutest du, dass es bei euch aber etwas besser funktioniert? Im Vergleich zur Consulting-Branche, da höre ich, die tun sich teilweise schon schwerer insgesamt. Dass es ein bisschen besser funktioniert, weil du ein weibliches Vorbild auch bist als CEO?
Sabine: Ja, ich glaube es macht es leichter. Ich meine, ich bin einen langen Weg in Visibilität gegangen, in Social Media, um auch ein Vorbild zu sein und um Leuten zu sagen ‚Hey, ihr könnt es auch und es ist cool.‘ Aber das war ein langer Weg, aber ich merke, dass sich das zum einen auszahlt. Zum anderen zahlt sich natürlich auch aus, die Frauen zu haben. Also wir sind bei 40 Prozent und so ein Schnuppertag oder auch irgendwas anderes zu machen. Ich habe halt viele Frauen, die ich mitbringen kann und es überzeugt. Also irgendwann kommt der Kulturwandel. Das ist glaube ich wichtig. Plus, wir sind natürlich eine interne Beratung, was jetzt vor Corona schon ein positiver Punkt war, weil wir nicht so viel reisen mussten, also wir haben schon die Kunden und auch ein Großteil der Kunden sitzt wirklich auch vor Ort. Da heißt es nicht Sonntagabend oder Montag ganz früh losfliegen und Donnerstagabend oder Freitag zurückkommen. Also man hat schon auch noch ein Leben. Wir haben eine andere Work-Life-Balance vorher gehabt. Wie die Beratungen jetzt zurückkommen, das weiß ich nicht, ob das immer noch ein Punkt ist. Aber das war natürlich schon was, wo Frauen auch eher sagen ‚Komm, das ist mir wichtig. Aber mir ist auch wichtig, einen Job zu haben und Beratung zu machen und eine Familie zu haben.‘ Und das ist natürlich schwierig, wenn man irgendwie von Montag bis Donnerstag weg ist.
Vicky: In der Tat. Überhaupt Remote-Work ist ein Thema, aber auch natürlich ‚Anwesenheitspflicht‘ bei Kunden. Da bin ich auch gespannt, wie sich das so entwickeln wird. Und du hast es eben angesprochen, du hast irgendwann an dem Thema Sichtbarkeit gearbeitet. Es war ein langer Weg. Wann war das ungefähr? Du bist ja heute tatsächlich ein Role Model, auch für das Thema, auch in deiner Funktion und deiner Position. Aber wann hast du angefangen, an deiner Personal Brand zu arbeiten? Wann war dieses Bewusstsein da, dass man die Social-Media-Kanäle dafür nutzen kann und sollte?
Sabine: Also das Bewusstsein war ungefähr vor sieben Jahren da, angefangen habe ich vor vier. Also vor sieben Jahren haben wir als DHL Consulting gesagt, wir müssen was tun. Also irgendwie müssen wir mit Facebook – und Instagram gab es damals, glaube ich, noch nicht und LinkedIn – wir müssen irgendwie sichtbar werden, dass wir Berater auch so attracten. Dann haben wir eine Agentur beauftragt, uns ein Konzept zu machen. Wir hatten ein super Konzept mit allem Drum und Dran, wie wir es machen, was die Themen sind und so weiter und so fort. Dann habe ich es nochmal an meinen Head of HR geben: „Roland, mach mal so, mach mal bitte hier, du bist HR, hier ist Social Media, mach“. Und dann haben wir uns nach einem Jahr wieder zusammengesetzt und gesagt, was haben wir gemacht? Ah, wir hatten alle keine Zeit. Das haben wir ganz lange gemacht, bis ich gesagt habe, „So wird das nix, ich muss es selber machen“. Und ich habe vor etwas mehr als vier Jahren angefangen mit meinen ersten Schritten.
Vicky: Das war ja auch sehr frühzeitig. Wie waren also die ersten Erfahrungen und Reaktionen?
Sabine: Also das allererste, was passiert ist, ist, dass mich viele Freunde und auch Business Partner angerufen haben und gesagt haben: „Oh, du suchst einen neuen Job? Hat die DHL dich rausgeschmissen?“ Das war so das allererste, ganz früher. Oh Gott, sie will ein Angebot haben. Das war so das allererste. Ich krieg heute noch unterschiedliches Feedback. Also es finden viele sehr toll und sehen das auch als Role Model. Aber es sind viele, die mir immer noch Feedback geben. Nicht so viel Selbstdarstellung bitte, ein bisschen weniger. Alle denken, du machst den ganzen Tag nur Social Media. Also es ist natürlich – du kennst das ja selber – das Feedback ist halt sehr divers.
Vicky: Ja, ja, so ist es immer. Und wenn aber jetzt Menschen und es sind ja nicht nur Frauen, sondern Personen, die vielleicht nicht so im Rampenlicht stehen, weil sie auch einer sogenannten Minderheit angehören, sagen: „Ich steh so am Scheideweg. Ich überlege, ob ich sichtbarer werden soll, auch mit meiner Thematik.“ Was würdest du denn empfehlen? Was sind so die Tipps oder Kniffe, die man unbedingt bedenken sollte, wenn man damit startet, mehr Sichtbarkeit für sich auch als Person aufzubauen?
Sabine: Ich glaube, man muss mehrere Sachen überlegen: Wofür man steht, und ich glaube, das ist wie bei einem Produkt, bei jeder Marke ein klares Profil zu haben. Und ich glaube, das war für mich auch das erste, der erste Aha-Moment zu sagen, wofür stehe ich denn alles, eigentlich? Weil ich bin ja jemand, der sehr passioniert ist, dass ich mich für viele Themen begeistern kann. Aber die Frage ist, für welche Themen stehe ich denn? Und ich habe das für mich rausgefunden. Ich stehe wirklich für Logistik. Ich stehe ganz viel für Digitalisierung in der Logistik und Change und alles, was mit Veränderung zu tun hat. Und ich steh für Frauen im Management. So, das waren so für mich die drei Themen, die mir wichtig waren. Und das ist das, wofür ich brenne, was auch viel mit meinem Job zu tun hat. Dafür möchte ich stehen und ich glaube, das ist so die erste Überlegung. Nicht so viel, aber klar zu wissen, was interessiert mich denn, wofür habe ich Passion und was kann ich denn? Und dann würde ich jedem raten, einfach anzufangen. Ich glaube, dieses große – „Wir brauchen erst ein Konzept und ich muss alles erst wissen (…)“. Ich glaube anfangen, kleine Schritte, Lernen und ein hohes Frustrationspotenzial. Was aber glaube ich zu jedem Erfolg dazugehört. Also ja, es ist auch mal doof.
Vicky: Genau so ist das ja. Und das hast du für dich sehr klar gezogen, dass es für dich das Thema Frauen ist. Jetzt gehört aber natürlich zu Diversity, mal abgesehen von deiner Personal Brand, wenn man das gesamte Thema mal betrachtet, natürlich noch ein bisschen mehr und auch andere Diversitätsdimensionen. Und jetzt würde mich noch mal dein Blick als CEO auch auf euer Unternehmen interessieren, wie weit seid ihr da? Sind die anderen Diversitätsdimensionen auch im Fokus und was habt ihr da noch vor?
Sabine: Ja also wenn ich jetzt auf das Unternehmen erstmal gucke, auf Deutsche Post DHL und dann noch mal auf DHL Consulting, gucken wir eigentlich viel mehr globaler. Also ich habe das für uns als DHL Consulting und für mich sehr stark zugespitzt, weil ich ein Freund von Einfachheit bin und drei Ziele zu haben kannst du erreichen. Ich finde es besser eins zu haben und zu erreichen und dann das nächste zu nehmen. Als Konzern ist uns natürlich das Thema Internationalität sehr wichtig. Wir haben sehr schnell unseren Standort hier in Deutschland internationalisiert, also das ganze Thema Nationalitäten, aber auch Backgrounds, also verschiedenste Backgrounds, die ich haben kann von Religion oder ethnischer Abstammung sind etwas, was uns sehr wichtig ist. Was uns auch wichtig ist, ist das ganze Thema Bildungsbackground oder was habe ich für einen Background. LGBTQ zu ist ein Thema, das wir uns anschauen und Age. Bei so einem Konzern mit 500.000 Mitarbeitern ist es natürlich auch so, dass wir an einen bunten Mix durch alle Altersklassen haben. Und auch da ist es glaube ich super, wenn man da auch eine Mischung hat. Also nicht nur die Dreissigjährigen und nicht nur die Fünfundfünfzigjährigen oder was auch immer. Also das sind so die Perspektiven, die wir uns anschauen. Plus, wir schauen uns natürlich in allen einzelnen Ländern noch andere bwz. fokussieren uns auf Sachen, die wichtig sind. Zum Beispiel in den USA ist es Black Lives Matter, was wirklich für die wichtig ist. Also wir haben da verschiedenste Dimensionen und schauen im Konzern sehr, sehr global und sehr klar auf ganz viele verschiedene Diversitätsdimensionen.
Vicky: Du hast gerade Altersdiversität erwähnt, dass das nicht so homogen ist. Ich finde vor allen Dingen wichtig auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen nicht homogen zu sein. Also nicht, dass der Vorstand nur 50+ ist oder 55 oder 60 plus und das Einsteiger-Level irgendwie 20 aufwärts, sondern das sich das auch da durchmischt, dass man auch sich traut tatsächlich in Top-Führungspositionen den jüngeren Menschen Raum zu geben. Und, dass nicht nur Erfahrungen das ist, was zählt. Auf der anderen Seite aber auch, dass man Menschen mit Erfahrung nicht aussortiert, weil sie jetzt eben die 50 oder 55-Grenze erreicht haben.
Vicky: Ich glaube, das ist auch ein wichtiges Thema, mit dem wir uns definitiv noch auseinandersetzen müssen und wo wir in der deutschen Wirtschaft oder in der deutschen Unternehmenslandschaft einfach noch keinen guten Job machen. Das ist denke ich, ein Punkt, an dem wir arbeiten müssen.
Sabine: Ja, das stimmt. Was natürlich ein Punkt ist, Frauen kann man gut messen, Nationalitäten kann man gut messen und dann wird es schon schwierig. Und was ich als Learning vor meiner Reise, was Diversity angeht mitgenommen habe, was sehr stark hilft ist, mit Zahlen anzufangen. Und so habe ich dann auch den Change bei uns angefangen. Einfach mal ganz klare Zahlen gemacht. Wie viele Leute bewerben sich, wie viele Leute kommen durch oder wer kommt genau? Wer kommt durchs Assessment-Center? Wen sortieren wir aus, wen nicht? Diskriminieren wir da oder wie auch immer? Und was ist ein Ziel? Wie viele Leute will ich, die sich bewerben? Also ganz viele Sachen. Und das ist natürlich bei ein paar Sachen einfach auch schwer zu messen.
Sabine: Zum Beispiel „Black“ ist halt schwer zu messen. Wie weiß ich das, wie will ich das festhalten? So ein paar Sachen sind halt auch echt schwer zu messen. Ich glaube, da müssen wir uns alle nochmal - und ich glaube, das ist auch nochmal ein Punkt für BeyondGenderAgenda. Wie messen wir das? Wie frage ich das ab? Oder auch wie kann ich da mehr „targeten“? Also wenn ich z.B. sage, ich will mehr Frauen. Das ist relativ einfach, aber wie „targete“ ich andere Gruppen? Also wie mache ich das? Mache ich das über Social Media? Mache ich das über bestimmte Universitäten, die ich besuche?
Vicky: Also ich glaube das ist das eine, aber es gibt natürlich hochsensible Themen, wie sexuelle Orientierung, die wir nach deutschem Datenschutz so in der Form auch nicht abfragen dürfen. Also da braucht's momentan eine Art Freiwilligkeit. Trotzdem bin ich bei dir, wenn wir uns keine Ziele setzen und nicht in den Dialog gehen mit den Mitarbeitenden, kommen wir gar nicht weiter. Wir müssen daran arbeiten, wie wir da weiterkommen. Und du hast eben erzählt, ihr als Konzern schaut sehr auf die internationalen Gegebenheiten und den internationalen Bedarf. Was würdest du denn aus dieser Perspektive sagen, wie stehen wir denn in Deutschland da, im Vergleich zum Rest der Welt? Und wo müssen wir noch Gas geben, um vielleicht den Anschluss nicht zu verpassen?
Sabine: Steinzeit? Vielleicht Steinzeit, ja Steinzeit?! Also ich habe von einer großen Beratung gestern eine Einladung gekriegt zu einem CEO Round Table. Und dann haben sie mir mitgeschickt, vier Speaker und 25 Leute, die schon zugesagt haben. Vier Speaker männlich und von den 25, die schon zugesagt haben, zwei Frauen und 23 Männer. So, das ist glaube ich, ein guter Schnitt durch wie sich die deutsche Wirtschaft versteht.
Vicky: Was hast du gesagt, wie hast du reagiert?
Sabine: Ich habe noch nicht reagiert. Ich habe ich muss noch freundlich absagen müssen, ganz klar.
Vicky: …mit einer Empfehlung, wie sie es besser machen können beim nächsten Mal, damit du zusagst.
Sabine: Ja, ja, genau. Ab wann, bzw. wie die Prozentzahl der Frauen sein muss, ab wann ich komme.
Vicky: Sehr gut, so wollen wir das haben. Herzlichen Dank für diese Insights und die vielen konkreten Tipps und Ideen. Auch wir sind leider schon am Ende und damit bei meiner Lieblings Rubrik AskMeAnything. Hast du denn eine Frage, die du mir gern stellen möchtest?
Sabine: Ja, habe ich. Also wir diskutieren ja in Deutschland sehr viel über Quoten und haben mir jetzt eine klare Quote für Aufsichtsräte und jetzt für Vorstände. Was natürlich ein guter Anfang ist, aber das sagt ja noch lange nichts über so ein gesamtes Unternehmen aus. Wie ist denn deine Sicht? Wie schaffen wir es als Wirtschaft wirklich, da auch Fortschritte zu machen und nicht wieder in dieser Schneckentempo weiterzumachen? Hast du da eine Empfehlung? Hast du deine Meinung?
Vicky: Also eine Meinung habe ich sowieso immer (beide lachen). Also natürlich habe ich eine Meinung, aber ich muss auch gestehen, die entwickelt sich. Na, das ist natürlich auch so wohl mit meinem tieferen Eintauchen in die gesamte Thematik, hat sie sich entwickelt, als auch mit meinem klaren Beobachten, was sich so tut, obwohl man schnell Hebel benutzt. - Meiner Meinung nach eben viel zu wenig. Aus der Steinzeit kommen wir so nicht raus, wie wir aktuell unterwegs sind. Und das ist meiner Meinung nach nicht nur nicht smart, sondern auch gefährlich. So sollten wir so nicht weitermachen. Insofern inzwischen bin ich ganz klar für eine Regulierung. Es hilft nichts, wir brauchen die Quote. Ohne Quote passiert nichts, weil - ich will gar nicht vielen Unternehmen eine Verweigerung unterstellen oder nicht guten Willen unterstellen, aber - ich höre immer wieder, es gibt sie ja nicht, die Menschen, die eben aus der homogenen Masse ausbrechen, die eben nicht männlich sind, die eben nicht mittelalt sind und eben trotzdem geeignet sind. Das halte ich für ein Gerücht. Ich halte das Bemühen für nicht groß genug. Insofern braucht es dort ein bisschen Druck. Ich bin allerdings durch und durch Unternehmerinnen schon immer gewesen. Da schlägt mein Herzblut insofern keine große Freundin von Überregulierung. Und insofern tatsächlich Ich bin für eine Quote auf Zeit und bin für eine genaue Beobachtung der Situation. Wenn sich die Situation verbessert, finde ich, muss man Regulierung auch wieder zurücknehmen. Das sollte passieren. Ich muss sagen, wir sind ja gerade auch dabei, unsere nächste Studie zu lancieren über ja sämtliche Diversitätsdimensionen, nicht nur Gender. Und da muss man auch nachdenken, wie man damit umgeht. Und, ob es für Unternehmen nicht vielleicht hilfreich sein kann, eine Diversitätsquote über alle Dimensionen festzulegen. Das heißt jetzt nicht detailliert Mikroquoten in jeder Dimension, weil das ist viel zu viel Regulierung. Das überfordert uns, da kommen wir gar nicht weiter, sondern eben zu sagen; generell muss Diversität sichtbar sein und tatsächlich auch in unterschiedlichen Hierarchieebenen zu einem gewissen Maß. Weil wie du eben auch gesagt hast, erst ab einem gewissen Prozentsatz spürt man auch eine Wirksamkeit, schlägt das Ganze sozusagen Wellen, fängt es an zu leben und zu funktionieren. Damit setze ich mich gerade auseinander, um einen Einblick in die Werkstatt zu geben. Und ich glaube tatsächlich, wir kommen an dem Thema Quote in keiner Weise vorbei. Das hilft nichts. Wir sind da zu phlegmatisch und zu risikoavers, scheuen den Change, den das mit sich bringt, denn es wird einfach unbequemer, wenn man diverse Meinungen permanent hat und permanent über Reibung zu neuen Ideen und Ansätzen kommen muss.
Vicky: Das ist anstrengender, als wir es gewohnt sind. Du hast es so schön gesagt die männliche Mauer, die sich da einig ist. Wenn die mal bricht, dann dauert es halt Moment länger und wird ein Moment mühsamer. Aber ich glaube, daran kommen wir nicht vorbei.
Sabine: Ja, sehr schön gesagt. Stimmt ja. Das sehe ich genauso.
Vicky: Da sind wir uns einig! In diesem Sinne herzlichen Dank für das schöne Gespräch, den schönen Podcast und ich freue mich ganz bald auf Fortsetzung.
Sabine: Vielen Dank dir für die Einladung. Ja und bis bald. Tschüss.
Vicky: Ich hoffe, euch hat diese Folge von DRIVING CHANGE, dem Diversity Podcast gefallen. Neue Folgen gibt es immer donnerstags und damit ihr keine Folge verpasst, abonniert uns gerne auf allen gängigen Podcast-Plattform und folgt uns auf LinkedIn, Instagram und Twitter. Falls ihr Ideen habt, welche Gäst:innen ich einmal in unseren Podcast einladen soll, mach doch gerne einen Vorschlag. Ich freue mich darauf, und immer über euer Feedback, bis zum nächsten Mal eure Vicky.