Der Diversity, Equity & Inclusion Podcast von BeyondGenderAgenda
DRIVING CHANGE
Der Diversity Podcast von BeyondGenderAgenda
Gemeinsam mit ihren Gäst: innen setzt CEO und Gründerin Victoria Wagner die Themen Diversity, Equity und Inclusion (DE&I) auf die Agenda der deutschen Wirtschaft. DE&I bezogene Fragen und aktuelle Ereignisse werden erörtert und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Durch das Teilen persönlicher Erfahrungen und konkreter Lösungsansätze wird ein Beitrag zu einer diverseren und inklusiveren Wirtschaft geleistet.
Gemeinsam mit ihren Gäst: 18.11.21 EPISODE MIT SUSANNE AIGNER – CEO DISCOVERY
Susanne: Wir wollen unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen den Rahmen geben, den Raum geben, die Zeit geben, diese Themen aktiv voranzutreiben. Und ich glaube, das funktioniert nur dann, wenn auch von oben ein gewisser Rahmen vorgegeben wird, sonst verpufft das Ganze.
Vicky: Hallo und herzlich willkommen zu Driving Change, dem Diversity Podcast. Ich bin Vicky Wagner, Gründerin und CEO von BeyondGenderAgenda und spreche mit meinen Gäst:innen darüber, was wir gemeinsam tun können, um die Themen Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion auf die Agenda der deutschen Wirtschaft zu setzen. Meine heutige Gesprächspartnerin ist Susanne Aigner, sie ist Geschäftsführerin von Discovery und seit einem Jahr im Beirat von BeyondGenderAgenda. Susanne hat sich zudem im Rahmen unserer Kampagne „Diversität muss Chef:innensache sein“ im Namen von Discovery für mehr Vielfalt in der Wirtschaft eingesetzt. Ich freue mich sehr, dass du heute da bist, liebe Susanne, herzlich willkommen!
Susanne: Dankeschön! Ich freue mich auch sehr und danke für die Einladung.
Vicky: Sehr, sehr gerne. Magst du damit starten, dich einmal in persönlichen Worten vorzustellen und uns schon mal ein bisschen den ersten Einblick zu geben in das, was du eigentlich tust?
Susanne: Sehr gerne. Dankeschön. Also mein Name ist Susanne Aigner. Ich bin Geschäftsführerin von Discovery, Deutschland, Österreich, Schweiz und die Benelux-Staaten. Bin seit über 25 Jahren in unterschiedlichen Positionen in der Medienbranche tätig, davon seit über 15 Jahren bei Discovery. Und obwohl ich so lange dabei bin und unsere Branche in vielen Bereichen immer noch bis heute eine Männerdomäne ist, habe ich mich selber erst recht spät in meiner Laufbahn mit dem Thema Diversity beschäftigt, mich also wirklich aktiv damit beschäftigt. Jetzt dafür umso mehr. Und weil das Leben nicht nur aus Arbeit besteht, bin ich auch noch Mama einer 12-jährigen Tochter. Also ich versuche Beruf und mein Privatleben einigermaßen in einer Balance zu halten, was man nicht immer gelingt, ehrlicherweise. Ich mache gerne Sport, wie zum Beispiel Laufen, weil das einfach am schnellsten geht, am einfachsten geht. Ich liebe die Berge. Ich bin gerne in der Welt unterwegs, was bei einem globalen Unternehmen natürlich durchaus von Vorteil ist, wenn man gerne reist. Zumindest vor der Coronaphase, aber ich komme auch sehr, sehr gerne wieder zurück in meine Heimat. Und das ist der Bayerische Wald.
Vicky: Herrlich herzig, schön. Man bekommt richtig Lust auf Berge und ja, draußen sein. Ich freue mich heute ein bisschen mit dir einzutauchen in deinen Karriereweg, in dein Engagement für Diversität. Du hast es gerade selber gesagt. Das hat sich gerade in den letzten Jahren stärker ausgeprägt. Fangen wir doch mal damit an, bei deinem ersten Stichwort, was Du mir eben bei der Einführung gegeben hat, nämlich eine sehr männerdominierte Umgebung, in der du immer gearbeitet hast. Woran liegt das, dass die Umgebung so Männer dominiert? Was würdest du sagen? Woher kam es und warum ändert sich das doch sehr langsam?
Susanne: Also bei mir lag es mit Sicherheit am Anfang daran, dass mein allererster Job beim Sportfernsehen war, beim Deutschen Sportfernsehen, Mitte der Neunzigerjahre und speziell der Bereich Sport über viele Ebenen hinweg, und wie du sagst, es verändert sich jetzt gerade erst ganz, ganz langsam wirklich von Männern dominiert ist. Und zu der Zeit, als ich angefangen habe, war das noch krasser, noch extremer als jetzt. Und darum ist es gerade zu Beginn meiner Karriere einfach so gewesen. Und ich habe das auch nicht hinterfragt, warum das so ist ehrlicherweise, dass ich überwiegend mit Männern zusammengearbeitet habe in Teams, dass auch meine Chefs alle Männer waren. Und so hat sich das ganz speziell ergeben. Wenn ich vielleicht in einer anderen Branche gearbeitet hätte, wo es damals schon natürlicher oder normaler war, dass auch Frauen in Führungspositionen sind, wäre es vielleicht anders gewesen. Aber bei mir war es halt einfach das Deutsche Sportfernsehen. Da war ich insgesamt sieben Jahre, einmal fünf Jahre, dann vier Jahre woanders und dann noch mal zwei Jahre beim DSF, das heutige Sport1 und das ist bis heute extrem männlich dominiert.
Vicky: Was glaubst du, woran es liegt?
Susanne: Wenn wir uns anschauen, insgesamt in der Medienbranche gibt es schon einige Veränderungen, da gibt es schon mehr Frauen in Führungspositionen. Immer noch nicht genügend, ganz bestimmt nicht. Aber speziell im Sportbereich ist es so, dass immer noch immer die Männer dran sind. Aber auch da gibt es Veränderungen. Wenn du zum Beispiel mal schaust, bei der DFL wird es ab Ende des Jahres, Anfang des neuen Jahres einen Wechsel geben. Der Christian Seifert hört auf als Geschäftsführer von der DFL. Und dann ist die Donata Hopfen, die neue Geschäftsführerin. Es ist das erste Mal, dass bei der DFL Frauen so eine Führungsposition ist und meines Wissens nach auch das erste Mal, dass einer großen internationalen Fußball Liga eine Frau vorsteht. Und das kann schon ein Wechsel oder neuen Schwung einleiten, sowohl auf lokaler als auch auf internationaler Ebene. Ansonsten, wenn ich Discovery selber anschaue, jetzt mal den Sportbereich außenvor genommen und wir haben ja unterschiedlichste Sender, wir haben neben Eurosport, was Teil ist von unserer Familie, auch Frauensender, TLC, Home and Garden TV, wir haben DMAX also Männersender und noch viele andere Sender. Und insgesamt ist es bei Discovery durchaus so, dass viele Frauen in Führungspositionen sind. Wir haben zum Beispiel mehr als 50%, 53% ich sind es, Frauen international in Managementpositionen. Also für uns als internationales Unternehmen ist das Thema durchaus auch schon gelebt und „normaler“. In einzelnen Teilbereichen ist es aber schwierig, dass du überhaupt Bewerberinnen bekommst. Also speziell wenn wir zum Beispiel für Eurosport einen Redakteur Schrägstrich Redakteurin suchen, da sind die Bewerbungen Minimum 90/ 95% von Männern, die reinkommen. Ich glaube Frauen haben da in manchen Bereichen immer noch selber eine Sperre im Kopf, dass sie sagen: Kann ich das? Will ich das? Ist es überhaupt was für mich?
Vicky: Ja, das ist ja so ein bisschen immer die Henne-Ei-Diskussion. Ja, was ist zuerst? Was kommt danach? Also ist die Sperre im Kopf, weil man es sich einfach nicht vorstellen kann, weil es über Jahre so tradiert männlich besetzt wurde. Habt ihr eine Idee? Habt ihr schon Themen, wie ihr daran arbeitet, dass mehr Bewerberinnen sich auch trauen?
Susanne: Also wir haben tatsächlich ein paar Themen uns auf die Fahne geschrieben und eines davon ist Talent Management und Recruitment. Da geht es um Employer Branding: Wer sind wir eigentlich? Also selbst mehr uns auf die Fahne zu schreiben und nach vorne zu stellen, wer wir sind, was wir sind und dass wir in allen Bereichen immer Männer, Frauen, unterschiedlichste Nationen, egal welcher Herkunft, dass die bei uns willkommen sind. Also ich glaube, das ist auch Aufgabe von einem Arbeitgeber und von einem Unternehmen, das mehr nach vorne zu stellen. Und da haben wir definitiv auch noch Nachholbedarf. Und witzigerweise habe ich mich gerade letzte Woche mit ein paar Kolleginnen und Kollegen darüber unterhalten, dass es Studien gibt, dass Frauen und Männer ein und dieselbe Stellenanzeige ja schon komplett unterschiedlich lesen, dass Männer sagen: Tick, die Box kann ich, stelle ich mich überhaupt nicht in Frage. Und Frauen eher bei jedem einzelnen Punkt das Anforderungsprofil, das aufgeführt ist, sich selber infrage stellen. Ist das wirklich was für mich? Kann ich das? Bringe ich das im Einklang mit meiner Familie? Und im Zweifelsfall dann sogar sagen: Nee, da schicke keine Bewerbung hin, weil wahrscheinlich klappt’s sowieso nicht. Und ich glaube, wenn man das schon ein bisschen ändern könnte, die Frauen zu ermutigen, sich zu bewerben, auch auf vermeintliche Männerdomänen, dann wäre schon mal viel geholfen. Aber da ist noch ein langer Weg bis dahin, glaube ich.
Vicky: Aber umso wichtiger ist es, darauf aufmerksam zu machen. Und ihr habt ja 2020 auch das Programm „Mosaik“ gestartet, wo es darum geht, Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion noch intensiver zu fördern. Wir haben jetzt viel über das Geschlecht gesprochen, nur ist es aber eben selber geöffnet, das Thema Vielfalt ist ja nun viel, viel mehr als rein geschlechterbasierte Diskussion und Auseinandersetzung. Was steckt hinter Mosaik und was genau habt ihr euch vorgenommen?
Susanne: Also um vielleicht noch mal ein Schritt früher anzufangen, Vielfalt ist für Discovery global schon seit langem ein sehr, sehr wichtiger Bereich und ist Teil unserer Unternehmenskultur und auch in unseren Unternehmenswerten fest verankert. Und 2020 sind wir dann noch einen Schritt weiter gegangen, nämlich auf Initiative und mit Unterstützung des Top-Management. Ich glaube, solche Themen können auch nur funktionieren bei einem großen Unternehmen funktionieren, wenn es vom Top-Management in die Organisation rein getragen wird und mitgetragen wird, weil das natürlich Prozesse auch anstößt, die Veränderungen mit sich bringen und sowas geht nur, wenn das Topmanagement dabei ist. Also in jedem Fall haben wir dann 2020 dieses Programm Mosaik ins Leben gerufen. Und das ist ein Programm, das die Themen Diversity, Equity und Inclusion sehr umfassend und über alle Ebenen und Funktionen im Unternehmen hinweg aktiviert und umsetzt. Seit diesem Jahr und in den kommenden Jahren. Und da sind zum Beispiel Themen und Initiativen, da geht es um Unconcious Bias, also diese unbewusste Voreingenommenheit, die in jedem von uns einfach drinsteckt. Da geht es um Respekt und Integrität, um Allyship, also um Partnerschaften, um Verbündete. Da geht es um Rekrutierung und Karriereentwicklung. Da geht es auch um Content-Diversity, was für uns recht wichtig ist, denn wir sind ein Content-Haus. Da geht es um Supplier-Diversity. Mit wem arbeiten wir zusammen? Und dann auch um Themen wie Social Impact. Ganz viele Themen, alle auf einmal kann man nicht arbeiten. Das halte ich für ausgeschlossen und deswegen haben wir uns vorgenommen, dass wir in den nächsten 1 bis 2 Jahren ungefähr zwei Themen daraus herausgreifen, an denen wir dann aktiv arbeiten und an denen wir uns dann auch gerne messen lassen. Bei uns ist es das Thema Content-Diversity und das Thema Talent-Recruitment, was wir uns für Deutschland, Österreich, Schweiz auf die Fahne geschrieben haben. Das wird auch nachgehalten. Da gibt es dann ein Steering-Committee für unseren Bereich und Leadership von unserem internationalen Präsidenten, das ist der JB Perette. Also das ist alles sehr, sehr hoch aufgehängt und wirklich mit dem mit dem Ziel, diese Themen für alle bewusst zu machen, sichtbar zu machen, greifbar zu machen und mehr draus zu machen als einfach nur ein Wort oder drei Wörter in dem Fall, die irgendwo in Unternehmenswerten verankert sind. Wir wollen es wirklich leben, weil ich glaube die Gefahr ist ganz groß oder eben auch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es über ein geschriebenes Wort in bestimmten Bereichen nicht hinauskommt. Und wir arbeiten daran, dass wir es wirklich in Leben umsetzen und in Aktivitäten umsetzen.
Vicky: Hört sich gut an und ich glaube, das muss auch sein. Man wird heute einfach zu schnell entlarvt als Unternehmen, wenn es ein reines Lippenbekenntnis ist. Und insofern finde ich es großartig, dass ihr euch messbare Ziele setzt und das so akribisch verfolgt. Und du hast es selber gesagt, Susanne, bei euch im Konzern, im Unternehmen ist Diversität Chef:innensache. Du hast uns ja auch in unserer Kampagne unterstützt und hat sofort gesagt: Mensch, klar, das gilt fürs ganze Unternehmen, da bin ich dabei. Und du hast es gerade schon in Teilen ausgeführt. Warum ist es so wichtig, dass es von oben kommt? Ich meine, es ist ja durchaus auch sehr positiv zu bewerten, wenn es diese Bewegung gibt, dass Mitarbeiter sich zusammentun, sich für das Thema einsetzen. Aber macht doch vielleicht noch mal klar den Punkt, warum teilen wir tatsächlich auch die Überzeugung, dass es von oben doch letztendlich vorgelebt und initiiert werden muss?
Susanne: Also ich glaube in einem großen Unternehmen und ich kann es zu 100% für mein Team bestätigen, ich weiß, dass sich viele der Kollegen und Kolleginnen hier sowohl im Büro in München als auch in unserem Büro in Amsterdam sehr, sehr engagieren, im privaten Bereich und auch im beruflichen Bereich für diese Themen Diversity, Equity und Inclusion. Zum einen Mal wollen wir auch den unternehmerischen Rahmen geben dafür, dass diese Themen einen Platz haben, neben dem, was die eigentliche Aufgabe von jedem Einzelnen ist, qua des Arbeitsvertrages, den er unterschrieben hat und qua der Sender, die wir ausstrahlen und was die Aufgaben sind. Wir wollen unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen den Rahmen geben, den Raum geben, die Zeit geben, diese Themen aktiv voranzutreiben. Und noch mal: Ich glaube, das funktioniert nur dann, wenn auch von oben vorgegeben wird, sonst verpufft das Ganze. Und wenn bei unserem weltweit Chef angefangen, er nicht dahinter steht, dann wird es niemals in alle Bereiche des Unternehmens vordringen. Und deswegen ist es für uns so wichtig, dass wir Mitarbeiternetzwerke haben, die sich wirklich zum großen Teil aus der Initiative von Mitarbeitern vor Jahren schon heraus gegründet haben. Wir haben zum Beispiel in Deutschland eine Gruppe, die heißt Word. Da geht es um Sprache und Kultur. Hier allein in Deutschland haben wir Mitarbeiter aus zwölf verschiedenen Nationen oder mehr. Also das ist durchaus schon ein bunter, bunter Kessel, und die haben gesagt: Mensch, ich spreche Spanisch. Ich spreche Italienisch. Kann man denn nicht einfach mal unter den anderen Kollegen, die diese beiden Sprachen vielleicht nicht sprechen abends bei einem Glas Bier die Sprache ein bisschen näherbringen? Also ist dieses Word Thema entstanden. Dann gibt es Green Discovery, wo es offensichtlich um Nachhaltigkeit geht und um Ernährung. Es geht bei Pride um die LGBTIQ-Themen, das ist ein Netzwerk, das wir schon seit vielen, vielen Jahren bei Discovery etabliert haben und so weiter und so fort. Und das Frauennetzwerk, das sich mit Genderfragen beschäftigt. Und das war praktisch so ein bisschen der Anfang dieser ganzen Diversity, Equity und Inclusion Bewegung. Und jetzt haben wir das Ganze eben auf eine noch höhere Ebene gehoben und das Ganze institutionalisiert, auch mehr professionalisiert. Und mit dem Ziel, dass sich ganz klar jede einzelne Region, jedes einzelne Land, jedes einzelne Büro sich Ziele vorgibt und sagt: An diesen Themen möchte ich arbeiten. Und das geht nur, wenn es von oben mitgetragen wird.
Vicky: Und am allerbesten trifft sich die rahmengebende Form von oben mit der Grassroot-bewegung von unten und findet eine fruchtbare Mitte. Vielen Dank für die für die Ausführung. Ich würde gerne noch mal auf deine persönliche Karriere zu sprechen kommen. Du hast ja selber gesagt, es war von außen betrachtet ein eher herausfordernder Bereich, weil männerdominiert. Du hast aber eine sehr steile Karriere hingelegt, bist ja auch eine Ausnahmeerscheinung, sozusagen ein Role Model in dem Bereich. Und wenn du dich so zurückbesinnst: Was waren denn beispielhaft große Hürden und wie hast du die meistern können?
Susanne: Also das interessante ist, wenn ich dir jetzt zuhöre, ich würde mich ja gar nicht so sehr als Role Model sehen, weil viele Dinge, die in meinem Leben passiert sind, sind glaube ich passiert, weil a) gab es Menschen um mich herum, die mich gefördert haben, die mich gefordert haben - Mentoren oder einfach jemand, der an mich geglaubt hat. B) Glaube ich, war auch eine gehörige Portion Zufall und Glück dabei, dass die Karriere so passiert ist, wie sie passiert ist oder von statten gegangen ist. Und der Rest ist wahrscheinlich schon ein bisschen Fleiß, ein bisschen Können, Talent, sich selber auch verkaufen können, das gehört auch mit dazu. Was ich nie empfunden habe, ist das, was ich am Anfang gesagt habe, dass ich in einem Bereich angefangen habe, und das war tatsächlich Zufall, also mein erster Job beim Deutschen Sportfernsehen jetzt Sport1 war totaler Zufall, dass ich da gelandet bin. Das war nicht mein ursprüngliches Ziel. Hat sich aber dann im Nachhinein als großer Glücksfall erwiesen. Ich habe das überhaupt nicht in Frage gestellt, dass da x Prozent Männer sind und nur y Prozent Frauen, also in einem großen Ungleichverhältnis, sondern das war halt einfach so, ich selber habe es eh nicht ändern können. Mir ist es auch nicht schlecht gegangen dabei, sondern ich habe meinen Job gemacht. Das ist auch eins meiner Credos: Egal was du machst, egal in welchem Umfeld – ich habe eine Aufgabe im Unternehmen und die möchte ich so gut wie möglich erledigen. Und ich habe das nie hinterfragt, weil ich kannte es zu dem Zeitpunkt ja gar nicht anders. Das war mein erster Job und war halt so. Und ich war dann da fünf Jahre und habe dann gemerkt: Also jetzt geht's wirklich nicht mehr immer großartig weiter. Auch wieder unabhängig von der Frage „Bin ich eine Frau? Bin ich jemand Mann?“ Ich habe auch einige Schritte schon machen dürfen, ich habe mein erstes Team geleitet, hatte die erste Personalverantwortung und dann habe ich aber einfach gemerkt, für mich jetzt bei dem Unternehmen jetzt grad nicht mehr weiter und hatte dann ein Angebot von einer Media Agentur. Ich war damals in der Werbezeiten-Vermarktung tätig und habe unter anderem so eine Agentur als Kunden gehabt und betreut. Und der Inhaber und Gründer von der Agentur hat mir damals einen Geschäftsführerposten angeboten. Da war ich Ende 20, Anfang 30. Und er hat einfach dran geglaubt, dass ich das kann. Ich hätte mich wahrscheinlich niemals drauf beworben, muss ich ganz ehrlich sagen, wenn diese Position ausgeschrieben gewesen wäre, ich hätte mich nicht drauf beworben, weil ich mit Sicherheit mich gefragt hätte: Ja, kann ich das überhaupt? Ich als Geschäftsführerin? Ist es was für mich? Also ich hätte es wahrscheinlich gar nicht gemacht, aber er hat gesagt: Das kriegen wir schon hin, das machst du. Und ich hab es dann gemacht und war dann vier Jahre bei dir bei der Agentur und hab sehr, sehr viel gelernt dabei. Und das geht niemals geradlinig. Da waren Höhen und Tiefen dabei. Ich habe in jeglicher Hinsicht mich weiterentwickeln können und durfte auch viel ausprobieren. Das war im Übrigen auch das große Glück damals beim Deutschen Sportfernsehen, dass man einfach viel probieren konnte, viel testen konnte und wirklich in alle Richtungen entwickeln. Und das Netzwerk vom damaligen DSF und das sind immerhin 25 Jahre her, das besteht bis heute noch. Und die Leute sind in den unterschiedlichsten Positionen und das ist extrem wichtig, glaube ich auch bis heute, dass man ein gutes Netzwerk sich von Anfang an aufbaut, weil man dann einfach weiß, wo kann man anrufen. Wer kann einem immer wieder weiterhelfen, egal in welcher beruflichen Frage man grad feststeckt und in welcher Lage. Und nach diesen vier Jahren bei der Agentur kam dann nochmal der Ruf vom DSF und ich war dann noch mal zwei Jahre bei diesem Sender und war dann Mitglied der Geschäftsleitung. Bis heute als erste und einzige Frau nach meinem Wissensstand bei dem Sportsender. Aber auch da habe ich es immer noch nicht hinterfragt, warum da so viele Männer sind und warum ich wieder die einzige Frau bin. Für mich war es eine tolle Erfahrung wieder. Es war ein klasse Job und ich konnte mich wirklich da ganz gut austoben. Und so richtig mit dem ganzen Thema Diversity und sich damit beschäftigen, warum es nicht bei jeder Frau so einfach klappen kann wie bei mir oder nicht die Zufälle so spielen oder strukturell, was nicht in Ordnung ist und man dran arbeiten muss, drüber sprechen muss und das Thema in den Vordergrund stellen muss - das ist ganz ehrlich, das hab ich erst seit ich bei Discovery bin gelernt und für mich auch selber auf die Agenda geschrieben. Ich bin seit 15 Jahren bei Discovery. Und eben dadurch, dass dieses Unternehmen mit einer wesentlich größeren Selbstverständlichkeit Themen wie Diversity, wie Gleichberechtigung, Frauen in Führungspositionen behandelt, ist mir erst so richtig wie Schuppen von den Augen gefallen, was wir strukturell für ein Problem haben in vielen Bereichen. Und deswegen ist es mir wichtig, noch mehr darüber zu sprechen, mich zu engagieren und es eben nicht als selbstverständlich zu nehmen, dass das große Glück, das ich hatte, für andere Frauen genauso Selbstverständlichkeit ist.
Vicky: Ja, herzlichen Dank für diesen Einblick und ich bin sicher, so gut wie ich dich bisher kenne, dass es nicht nur Glück war. Sondern das war auch ganz viel Können und Disziplin – und du hast es eben erwähnt: Netzwerke und verkaufen können. Aber da sind doch sehr konkrete Tipps, die wir mitnehmen können. Ich danke dir dafür, das ist immer sehr hilfreich. Und leider sind wir schon am Ende unseres Podcasts und die Frage ist, ob du noch eine Frage für mich mitgebracht hast.
Susanne: Ja, habe ich. Und zwar würde mich interessieren, weil die Bundestagswahl noch nicht so ganz lange her ist und wir tagtäglich uns jetzt auch mit Themen beschäftigen, die die Politik regeln soll. Oder vielleicht auch nicht. Deswegen ist die Frage, ob du glaubst, dass die Politik noch striktere Vorgaben im Hinblick auf Chancengleichheit und Diversität machen sollte oder muss, oder ob das eher eine Selbstverpflichtung, eine freiwillige Selbstverpflichtung vielleicht auch ist der Unternehmen?
Vicky: Ja vielen Dank für diese spannende Frage. Und man bekommt oft die Frage: Frauenquote - ja oder nein? gestellt, die ist aber nun viel weiter gestellt. Und ich danke dir dafür. In der Tat ich bin ich inzwischen der festen Überzeugung, dass es ohne Leitplanken durch die Politik in Deutschland nicht funktionieren wird. Es braucht gewisse Leitplanken. Wir haben ja gesehen, wohin uns diese teilweise heftige Diskussion rund um die Frauenquote führt, zumindest mal um das Bewusstsein, dass sich etwas tun muss. Und das ist erst mal schon gut. Ganz generell ich persönlich, ich bin ein Verfechter einer zeitlich begrenzten Quote, also um wachzurütteln, um einen Pfad vorzuzeigen und um die Stoßrichtung vorzugeben. Wir haben uns aber selber ja in unserer aktuellen Studie sehr intensiv, nochmal mit dem Status quo der deutschen Wirtschaft auseinandergesetzt und sind da tatsächlich zu der Folgerung und Forderung gekommen, dass Unternehmen sich zu einer Diversity Quote selbst verpflichten sollten. Also das heißt tatsächlich, sich mal ein Bild des Status Quo des Unternehmens zu verschaffen. Also wie sieht die Diversität über alle Dimensionen und alle Hierarchieebenen aus? Daraus konkrete Ziele abzuleiten und sich eine Diversity Quote über alle Dimensionen zu setzen. Nicht nur eine Frauenquote, aber auch keine dezidierte Quote in den einzelnen Bereichen, weil das würde uns einfach überfordern, sondern zu sagen: Wir wollen für mehr Diversität stehen und wir nehmen uns vor, in den nächsten zwei oder drei Jahren wird folgendes passieren. Das zu untermauern mit den Rahmenbedingungen, du hast es eben selber gesagt, dafür braucht es das Commitment des CEOs zu sagen, auch die Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, dass das eben möglich ist. Also insofern Vorgaben durch die Politik, Leitlinien, Vereinfachungen wie zum Beispiel ganz konkret Abschaffung des Ehegattensplittings, all das sind sicherlich Themen, die hilfreich sind und zielführend sind. Ansonsten bin ich ein großer Freund von eigener Regulierung, aber sie muss halt auch passieren.
Susanne: Gut, vielen Dank für diese Antwort.
Vicky: Vielen Dank für deinen Besuch bei uns und vielen Dank für das schöne Gespräch, liebe Susanne.
Susanne: Dankeschön. Ich freue mich, dass ich da sein durfte.
Vicky: Herzlichen Dank! Ich hoffe, euch hat diese Folge von Driving Change, dem Diversity Podcast gefallen. Neue Folgen gibt es immer donnerstags und damit ihr keine Folge verpasst. Abonniert uns gerne auf allen gängigen Podcast Plattform und folgt uns auf LinkedIn, Instagram und Twitter. Falls ihr Ideen habt, welche Gäst:innen ich einmal in unserem Podcast einladen soll, macht doch gerne einen Vorschlag. Ich freue mich darauf und immer über euer Feedback. Bis zum nächsten Mal, eure Vicky.