Der Diversity, Equity & Inclusion Podcast von BeyondGenderAgenda
DRIVING CHANGE
Der Diversity Podcast von BeyondGenderAgenda
Gemeinsam mit ihren Gäst: innen setzt CEO und Gründerin Victoria Wagner die Themen Diversity, Equity und Inclusion (DE&I) auf die Agenda der deutschen Wirtschaft. DE&I bezogene Fragen und aktuelle Ereignisse werden erörtert und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Durch das Teilen persönlicher Erfahrungen und konkreter Lösungsansätze wird ein Beitrag zu einer diverseren und inklusiveren Wirtschaft geleistet.
Gemeinsam mit ihren Gäst: 14.07.2022 EPISODE MIT SIMON USIFO - President und Managing Director bei 72andSunny, Beiratsmitglied bei BeyondGenderAgenda und Kampagnenteilnehmer von „Success Is Diverse“
Simon: Diversität muss ja auch immer zusammen mit Inklusion auch gesehen werden, weil wir werden immer vielfältiger und es gibt da so ein bisschen eine Diskrepanz zwischen dem Augenscheinlichen, was man sieht und diesem einfachen Schritt, gewisse Boxen zu ticken. Ich glaube, Diversität und Inklusion muss so stark in den Grundwerten einer Unternehmung verankert sein, dass es als Einzelthema gar nicht mehr in Erscheinung tritt.
Vicky: Hallo und herzlich willkommen zu Driving Change, dem Diversity Podcast. Ich bin Vicky Wagner, Gründerin und CEO von Beyond Gender Agenda und spreche mit meinen Gäst:innen darüber, was wir gemeinsam tun können, um die Themen Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion auf die Agenda der deutschen Wirtschaft zu setzen. Mein heutiger Gast ist Simon Usifo. Simon ist President und Managing Director bei 72andSunny, einer international führenden Werbeagentur in Amsterdam. Seit April ist Simon auch Beiratsmitglied bei Beyond Gender Agenda. Schön, dass du da bist, lieber Simon.
Simon: Danke schön, dass ich hier sein darf.
Vicky: Ich freue mich sehr, dass du dir die Zeit für uns genommen hast und möchte dich bitten, damit anzufangen, dich einmal in persönlichen Worten vorzustellen. Wer bist du eigentlich?
Simon: Sehr gerne. Simon Usifo, ich bin geborener Rheinländer. Ich bin jetzt knapp über 40, ohne in die Details zu gehen. Und ich habe in Köln studiert, Medienökonomie, und bin danach sehr schnell ins Ausland gegangen, nämlich nach London und nach Shanghai. Ich bin da immer in der Kreativbranche unterwegs gewesen und bin jetzt seit kurzem nach Amsterdam gezogen, zusammen mit meiner Frau und mit meiner Tochter, die sechs Jahre alt ist. Genau. Und ansonsten bin ich ein passionierter Läufer. Ich habe in jungen Jahren mal Mittel- und Langstrecke recht professionell gemacht, was mir jetzt leider nicht mehr ansieht. Aber ich habe Beweismittel, um das zu belegen.
Vicky: Ja, ich wollte gerade sagen, wer dir auf deinen Social-Media-Kanälen folgt und du bist relativ aktiv, sowohl auf LinkedIn als auch auf Instagram, da sieht man schon des Öfteren mal deine Laufstrecke. Also das sollte Beweis genug sein.
Simon: Und dann wirst du auch sehen, dass ich die Länge der Strecken angebe, aber nicht die Zeit. Da ist aber der große Unterschied.
Vicky: Da liegt der Knackpunkt. Ja herrlich. Du warst auch einer der Teilnehmer:innen bei unserer Diversitätskampagne „Success Is Diverse“. Also noch mal danke dafür. Das hat richtig viel Spaß gemacht und deine Headline deines Kampagnenmotivs lautete „Erfolg made in Germany“. Warum war diese Headline so passend und trifft ganz gut auf dich zu?
Simon: Ja, ich mochte diese Headline wirklich sehr, sehr gerne, weil ich ja nun, ich bin ja wie gesagt in Bonn geboren. Mein Vater kam aus Nigeria nach Deutschland, meine Mutter aus Frankreich, die haben sich hier getroffen. Natürlich bin ich Made in Germany und irgendwie dieses Spannungsfeld zwischen dem, was man quasi von innen heraus mitbringt, aufgrund seiner Herkunft, aufgrund dessen, was meine Eltern mir vermittelt haben. Aber auch das, was sozusagen mich in Deutschland sozialisiert hat, nämlich dass das Deutsche, was mich unheimlich geprägt hat, diese Kombination ist, glaube ich, für meinen persönlichen Erfolg sehr, sehr wichtig gewesen. Und somit finde ich drückt es einfach sehr gut aus, wie Deutschland auch sein kann, ohne dass es so aussieht, wie man es vielleicht manchmal erwartet.
Vicky: Und das wird ganz gut über zu meiner nächsten Frage: Wir haben uns im Rahmen der Kampagne auch viel über das Thema, was macht den einzelnen Menschen einzigartig, aber was ist auch Diskriminierung unterhalten. Hast du persönlich, privat oder beruflich schon einmal Diskriminierung erlebt? Und wenn ja, hat dich das in irgendeiner Form geprägt?
Simon: Ja, auf jeden Fall. Das Wort Diskriminierung ist halt extrem vielfältig und es gibt ein extremes, breites Spektrum. Und manche Arten der Diskriminierung sind latent permanent da, manche sind subtil, manche sind viel aktiver. Womit fängt man an? Natürlich habe ich in meinem Leben oft eine gewisse Art der Vorverurteilung erlebt, weil man sozusagen aufgrund seines Äußeren als anders wahrgenommen wird und dann auch dementsprechend behandelt wird. Das sind so Alltagssituationen wie bei der Wohnungssuche, bei der Fahrscheinkontrolle, bei der Polizeikontrolle. Und so weiter und so fort. Aber dann gibt es natürlich auch die andere Art der Diskriminierung, das heißt ja, als anders eingeschätzt zu werden. Und die Tatsache, dass ich sozusagen immer unterschwellig vorher schon antizipiere, wie Menschen mich einklassifizieren und da ist noch nicht mal eine negative Behandlung mit im Spiel, wie das ja bei der klassischen Diskriminierung der Fall ist. Aber nur die Tatsache, dass ich nicht einfach nur als neutral in eine Situation reingehen kann. Das empfinde ich manchmal als Diskriminierung und dann entsteht so ein bisschen dieses Spiel, dass man sozusagen antizipiert, wie man auf Menschen wirkt und wie man sich verhält. Und das ist ja eine Belastung, die, wenn man das Privileg hat, nicht diskriminiert zu werden. Damit muss man sich einfach nicht befassen. Man geht einfach in Situationen rein und guckt dann mal. Und ja, ich habe mein Leben lang eigentlich immer damit ein bisschen gespielt oder spielen müssen, dass ja so eine Art Andersbehandlungen auf jeden Fall stattfindet.
Vicky: Und ich höre oft von Menschen auch mit anderer kultureller Herkunft, dass es so Fragen gibt, die einfach immer wieder gestellt werden und die zu Tode nerven. Eine davon ist zum Beispiel: Woher kommst du eigentlich? Und wenn man dann sagt Deutschland, „Ne, sag mal, woher kommst du eigentlich so wirklich?“ Womit dann gemeint ist eigentlich du siehst anders aus, als man sich Deutsche in Anführungsstrichen, ich mags kaum sagen, Norm vorstellt. Und das suggeriert ja diese Frage und deswegen wird sie eben auch als sehr unsensibel wahrgenommen. Hast du auch schon mal so eine Frage gestellt bekommen oder gibt es für dich eine Frage, wo du sagst: Also die kann ich wirklich nicht mehr hören? Und da ist es dann auch mal ganz gut, jetzt in einem anderen Land zu sein, weil vielleicht erledigt sich diese Frage dann, bis wir wiederkommen.
Simon: Also woher kommst du, ist tatsächlich der Klassiker. Wobei ich finde, man muss das immer spezifizieren. Es geht gar nicht so um die initiale Frage, sondern es geht wirklich um die Nachfrage, weil jeder sich natürlich dahinter versteckt, dass er sagt er oder sie, ich interessiere mich einfach. Ich finde Kulturen spannend und so, darum geht es ja nicht. Man ist ja nicht dadurch irgendwie, fühlt sich irgendwie angegriffen, weil man gefragt wird, wo man herkommt. Aber wenn man dann eine Antwort gibt, dann sollte das auch ausreichen. Und dann kann ich ja steuern, wie weit ich in die Details gehe. Und das hat ja auch was damit zu tun, wie gut man sich kennt. Und was einen tatsächlich nervt, ist so diese Reduzierung auf das, was den Unterschied ausmacht, anstatt sich darauf zu fokussieren, wo die Gemeinsamkeiten sind. Denn in die initiale Frage habe ich überhaupt nichts. Aber wenn dann die Nachfrage kommt, da ist so eine Obsession mit dem Herausarbeiten.
Vicky: Die deutsche Penetranz und Gründlichkeit. Man will es aber so ganz genau verstehen, oder?
Simon: Absolut. Das ist ja wie in Mathematik so ein Beweis, den man dann darunter schreibt. Und das ist einfach unnötig, weil es ja viel spannendere Sachen gibt. Und irgendwann früher oder später kommt man eh auf das Thema und dann erzählt man ja auch mit Stolz, wo die Wurzeln kommen. Aber es gibt so ein Schema, das ein bisschen verrät, da steckt ein wenig was anderes dahinter. Vielleicht nicht bewusst. Und das finde ich ein bisschen schade.
Vicky: Absolut schade. Und das ist ja mehr so ein persönliches oder gesellschaftliches Thema. Wir haben aber auch viel über gerade im Rahmen von Success Is Diverse über Diversität in der Wirtschaft gesprochen. Und wie ist dein Blick auf die deutsche Wirtschaft? Als wie divers würdest du die deutsche Wirtschaft bezeichnen und welchen Handlungsbedarf siehst du vielleicht noch?
Simon: Ja, ich glaube, der Handlungsbedarf ist absolut riesig. Wir stehen, glaube ich, ganz am Anfang. Ich glaube, die Herausforderung ist auch, dass dieses Thema mit unterschiedlichen Intentionen vorangetrieben wird. Und Diversität muss ja auch immer zusammen mit Inklusion auch gesehen werden, weil wir werden immer vielfältiger. Und es gibt da so ein bisschen die Diskrepanz zwischen dem Augenscheinlichen, was man sieht und diesem einfachen Schritt, gewisse Boxen zu ticken. Ich glaube, Diversität und Inklusion muss so stark in den Grundwerten einer Unternehmung verankert sein, dass es als Einzelthemen gar nicht mehr in Erscheinung tritt, sondern das ist sozusagen intrinsisch beeinflusst, wie wir als Unternehmung uns verhalten. Und ich glaube, viel wichtiger oder noch akuter als jetzt. Die moralische Verpflichtung ist auch die Frage Wie wollen wir gerade in Deutschland wettbewerbsfähig sein, in einer Welt, die immer komplexer wird, die immer schnelllebiger wird, wo man fast keine Zeit hat, Neues zu lernen oder es eigentlich schon wieder verlernen muss. Und das ist ein Umfeld, in dem Empathie wichtig wird, weil man andere Perspektiven einnehmen muss, um auf gewisse Lösungen zu können. Und das schafft man nicht alleine. Das schaffen aber auch nicht im Team, wenn jeder Einzelne aus dem Team genau den gleichen Blickwinkel hat, weil das dauert einfach, bis man dann zur Lösung kommt, deswegen, ich glaube ja, wir haben einen extremen Druck, dass Menschen verstehen, warum Diversität und Inklusion so wichtig ist für die Performanz einer Unternehmung und wieso es im Grunde genommen ja blöd wäre, das nicht zu sehen und das zu ignorieren, weil man sich einen absoluten Nachteil verschafft. Und ich selbst kann das natürlich auch immer aus der Seite sehen, dass ich ja in mir selbst eine gewisse Diversität habe. Das heißt, ich spreche mehrere Sprachen, ich sehe die meine Perception von Realität durch unterschiedliche Filter. Und das hat mir persönlich Vorteile gegeben, weil ich sozusagen mehrere Kanäle oder Frequenzen habe, zwischen denen ich hin und herschalten kann. Jetzt muss man sich vorstellen als Unternehmung: Was gibt es denn Besseres, als, gerade wenn man international erfolgreich sein will, eben diese verschiedenen Frequenzen auch zu haben in Form von Mitarbeiter:innen, die eben einem das ab Werk zur Verfügung stellen, anstatt dass man das irgendwie mühselig aufbauen kann. Und abgesehen davon, von dieser kühlen Berechnung ist es einfach ja auch viel schöner und viel warmherziger, in einer Welt zu leben, die, bei der man jeden Tag etwas Neues entdeckt und vielleicht auch einen anderen Blickwinkel entdeckt.
Vicky: Ja, jede Menge Vorteile. Und wie ist denn dein Blick in diesem Kontext auf Vorbilder, Sichtbarkeit als Rollenmodell? Ist das wichtig?
Simon: Ich glaube, es könnte nicht wichtiger sein. Einfach weil Vorbilder einem etwas vorleben, was man sich sonst nur schwer vorstellen kann. Und dieses, das lebendig werden von Erfolg, was einen selbst aber auch irgendwo widerspiegelt, ist es unheimlich motivierend für die einzelnen Teilnehmerinnen, aber auch natürlich für die Firma, weil sie reflektiert einfach das neue Bild einer Firma. Und eben, wenn wir eine Hochglanzbroschüre produzieren lassen und uns quasi Schauspieler einstellen müssen oder Statisten, um ein Bild darzustellen, ist das natürlich was ganz anderes, als wenn ich einfach ins Großraumbüro gehe und vier random Leute dazu hole und sie sind reflektieren schon diese Vielfalt. Also ich glaube, es geht um die Wahrhaftigkeit und für mich persönlich war es, ich habe es erst später gemerkt, wie sehr mir diese Vorbilder gefehlt haben, weil in meiner Realität sah eigentlich nie irgendjemand, der in meinen in der Hierarchie über mir war, so aus oder ähnlich aus wie ich, sondern es waren immer Menschen, die ganz anders aussahen. Und ich war ja immer der erste in meinem persönlichen Erfahrungswerdegang, der gewisse Dinge dann erreicht hat. Und natürlich ist es viel einfacher sich vorzustellen, seinen eigenen Erfolg, wenn man jemand sieht, der vielleicht drei, vier Jahre älter ist, der schon ein bisschen Erfahrung hat und mit dem man sich vielleicht auch austauschen kann. Und dann verliert man so ein bisschen diese Furcht oder diesen Respekt vor der persönlichen Weiterentwicklung. Deswegen Vorbilder, unheimlich wichtig, Repräsentanz kann nicht unterschätzt werden. Es macht anderen Leuten Mut, überhaupt Wege zu gehen und sich auf die Reise zu machen. Ich glaube, viele Menschen trauen sich Sachen nicht zu. Und wenn sie Menschen sehen, die, die das schon geschafft haben, dann ist das unheimlich wichtig.
Vicky: Ja, du selbst bist ja auch ein tolles Rolemodel und damit ein Mutmacher für die jüngere Generation. Und du arbeitest jetzt aber ja in einem Umfeld, in der Kreativszene, in einer Agentur, die per se ja insgesamt etwas diverser ist als andere Industriezweige. Ich denke so an Maschinenbau und klassische Automobilbranche. Ich glaube, dass die Kreativszene etwas insgesamt diverser aufgestellt, allein schon von der kulturellen Herkunft. Und wie nimmst du das wahr? Du bist jetzt auch noch in Amsterdam. Das nehmen wir von außen auch als doch kulturell geprägt vielfältiger wahr, wie Ottensen. Wie erlebst du eure Unternehmenskultur und wie Diversity eigentlich selbst aufgestellt ist?
Simon: Eine sehr interessante Frage. Natürlich tendiert man dazu, alles immer relativ zu sehen. Das heißt also, relativ gesehen ist erst mal die Werbebranche natürlich irgendwo divers, weil wir auch von der Ausbildung her Kreativität ist halt nichts, was man, das kann man zwar studieren, aber im Grunde genommen muss man das irgendwie von innen mitbringen. Und da enden natürlich viele Quereinsteiger, Menschen mit unheimlich unterschiedlichen Backgrounds in dieser Branche. Das heißt, ja die Branche ist erst mal vielfältiger. Dann ist es natürlich so, dass Amsterdam an sich auch einfach ein sehr diverses Umfeld ist. Viele Unternehmen kommen natürlich auch aus steuerlichen Gründen dahin und es ist natürlich oft nicht mehr der niederländische Markt, der da interessiert aufgrund der Skalierbarkeit ist das nicht der Fall, sondern es ist ein Hub, eine Drehscheibe für Europa und für die Welt. Und was auch interessant ist, dass wenn man sich London oder New York anschaut, wo vielleicht der eine oder andere Karrierist sich schon früh ausmalt: Ich muss da unbedingt hin. Es sind Motivationen, die die, die auch irgendwie ähnlich sind und man kann sehen, dass gewisse Menschen in diesen Städten leben. Was ich bei Amsterdam ganz interessant fand, war nicht nur eine Diversität aufgrund von Hautfarbe oder Nationalität, sondern auch eine Diversität im Denken. Weil die Menschen, die in Amsterdam landen, die landen im Grunde genommen in Amsterdam. Keiner wacht auf und sagt: Ich muss jetzt irgendwie Karriere machen und ich gehe dafür nach Amsterdam. Das ist bei New York und London schon anders. Und das bringt mich auf den Punkt zu sagen, und deswegen können wir auch immer noch diverser werden, weil auch bei 72andSunny und das ist uns sehr wichtig, weil diese augenscheinliche Diversität haben wir sehr früh, schon aufgrund der Werte für die, die uns steht schon genommen. Aber wir haben uns das irgendwann dann zu einfach gemacht, weil wir haben auch gemerkt, dass diese Menschen aus aller Herren Ländern im Grunde genommen alle etwas gemeinsam haben, nämlich der sozioökonomische Background ist im Grunde genommen ähnlich und sieht zwar sehr farbenfroh aus, aber waren wir wirklich konsequent, haben wir darauf geschaut, ob Menschen mit Behinderung auch sich inkludiert fühlen in unserem Umfeld oder Menschen aus der LGBTI Szene und so weiter und so fort. Und deswegen würde ich sagen, man kann nie genug daran arbeiten. Und wir haben uns selbst auch noch mal hinterfragt und haben gesagt: Okay, wie divers sind wir wirklich und wie inklusiv sind wir? Ich glaube, das ist etwas, das man immer weitertreiben muss und sich nicht zu früh ausruhen darf, weil es so aussieht und weil man in manche Boxen tickt. Aber ja, es ist natürlich aufgrund des internationalen Umfelds viel einfacher, diese Diversität herzustellen. In Amsterdam und auch bei 72andSunny.
Vicky: Und die Diversität ist in der Tat so ein kontinuierlicher Prozess. Da kann man nicht einfach so den Haken hinter machen und sagen Yes! Ziel erreicht. Und jetzt nehme ich ein neues Ziel. Das sehe ich ganz genau so! Du hast eben in unserem Gespräch hier auch erwähnt Empathie ist wichtig. Und in der heutigen Zeit ist es ja eigentlich eher so, dass in vielerlei Hinsicht harte Fakten zählen. Man kommt auf den Lebenslauf, der wird knallhart gereviewed. Welche Elite Unis sind dabei? In welchen Top Agenturen war man, wo war man im Ausland? Das sind alles so die wesentlichen Faktor, nach denen man schon aussortiert ist, bevor man überhaupt mit einem Simon sprechen darf, weil es so weit kommt, wenn ihr eine Führungskraft sucht. Und wo bleibt da der Mensch und die Menschlichkeit? Was müssen wir im beruflichen Umfeld? Und ich meine das jetzt gar nicht in Bezug auf eure Agentur, sondern allgemein in der Wirtschaft für jedes Unternehmen. Was müssen Unternehmen eigentlich leisten, damit auch der Mensch mit all seinen Skills eine wesentliche Rolle spielt?
Simon: Ich glaube, man muss einfach einen Schritt zurückgehen und sich einfach mal unsere Welt anschauen. Ich glaube, dass es vielleicht sogar ein Trugschluss ist, dass Menschlichkeit da keine Konjunktur hat. Also ich glaube, heute mehr denn je ist Menschlichkeit unverhandelbar für den Erfolg, weil nochmal Komplexität bringt uns als Individuum, aber auch als Kollektiv vor Herausforderungen und Probleme, die wir nicht einfach so lösen können. Und ich glaube, weil wir immer auch über Kreativität sprechen, wenn wir uns unsere Welt anschauen, die ja sehr herausfordernd ist auf so vielen Ebenen und das ist ja auch im Kontext immer nicht mehr voneinander trennen kann. Also wenn Unternehmen sich zum Beispiel aus Russland zurückziehen müssen, das sind alles Fragen, da wird ja das Menschliche und das Business übereinandergelegt. Und ich glaube, dass diese, sage ich mal, Rationalität und dieses lineare Denken aus den vergangenen Jahrzehnten einfach ausgedient hat, um vernünftig mit diesen Problemen zurechtzukommen. Deswegen ist es, das sieht man ja auch in Technologien, also Algorithmen können optimieren, aber was ist, wenn alle sich gegenseitig bis zur Unkenntlichkeit im Grunde gleich optimieren und alles gleich aussieht? Dann ist ja der differenzelle Faktor die Kreativität. Und die trägt in sich immer eine humane Komponente. Weil eine Maschine kann eben nicht aus dieser Linearität, aus dieser Berechenbarkeit ausbrechen, sondern die brauchen, ich glaube, was man mit lateralen Denken beschreiben kann, also ein bisschen dieses wie wir Menschen halt sind. Wir sind halt nicht rational, auch wenn wir so tun. Wir sind sehr sprunghaft, also haben wir, wir machen ja auch wenn wir unseren Lebenspartner suchen, keine Ausschreibung auf einer Plattform und füllen da also irgendwelche Kriterien aus und gucken dann, wer am besten passt.
Vicky: Na ja, es gibt so die eine oder andere App, die das tut. Sind wir mal ehrlich, aber ich weiß, was du meinst.
Simon: Das ist die erste Runde, die Longlist. Aber die Shortlist, glaube ich, funktioniert anders und ich glaube das deswegen eben. Wir sind auf so einem hohen Level an sophistication angekommen, wo wir alle Methoden, alle Tools sowieso schon nutzen. Das heißt also den Schritt, um jetzt auf Lösungen zu kommen, die nachhaltig diese Welt verändern und in eine gute Lage bringen oder auch als Unternehmen eben zu Erfolg führen, ist und bleibt der Mensch und deswegen ist Empathie die Fähigkeit, durch die Brille einer anderen Realitätswahrnehmung zu gucken. Einfach, glaube ich, die ja die stärkste Waffe. Und deswegen bin ich auch nicht so ein Freund von der Bezeichnung Soft Skills, weil das ja im Grunde genommen, also für mich persönlich meine härteste Waffe ist, die ich habe. Alles andere, ich glaube, es gibt viele Menschen, die besser rechnen können oder die besser zeichnen können, was auch immer. Aber ich möchte auf der menschlichen Ebene eben auch stark sein, führen und dadurch eben das beste Potenzial im Arbeitsleben und auch im privaten Leben rausholen.
Vicky: Ja, herzlichen Dank für dieses doch beeindruckende Plädoyer für Empathie. Und zum Schluss würde ich dir gerne noch einen persönlichen Karrieretipp abringen Du bist ein Rolemodel für Viele, ein Vorbild, du hast es zum Managing Director geschafft. Was würdest du jungen Menschen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, die vielleicht sich auch nicht so ganz zugehörig fühlen, denen vielleicht noch das eine oder andere Model in ihrem individuellen Fall fehlt? Was würdest du denen mitgeben? Wie sollen sie es angehen, um möglichst mutig die Schritte zu meistern?
Simon: Ich finde, das Wort mutig passt hier schon ganz gut. Es ist natürlich immer einfacher gesagt, weil man endet ja nicht da, wo man ist, sprunghaft von heute auf morgen und beamt sich da rein, sondern das ist ja eine Entwicklung. Nur wenn ich zurückblicke, ist, glaube ich, am Ende der große Erfolgsfaktor den Mut zu haben, bei sich selbst zu bleiben. Und ich glaube, man muss ja immer gucken im Leben, jede Lebensphase hat so seine Eigenheiten. Und wenn man besonders jung ist, ist es, glaube ich, wird es viel zu überschätzt, dass man jetzt irgendwie den perfekten Schritt macht, die perfekte Firma findet und so weiter. Ich glaube, im Nachhinein ist es relativ egal. Man hat noch so viel zu lernen, man weiß nicht, was man nicht weiß. Ich würde, glaube ich, die Empfehlung geben, so ein bisschen zu gucken, wo man sich befindet auf seinem persönlichen Lebensweg. Am Anfang so viel wie möglich zu erleben und daraus auszuloten, wo man intrinsisch motiviert ist. Am Ende des Tages kann man nicht programmieren, wie Erfolg funktioniert, sondern es wird so eine Art Mischung sein aus wo die Talente eh schon liegen und wo man sich für begeistern kann. Im Grunde genommen, ich persönlich empfinde mich als sehr privilegiert, weil dieses Gefühl, was ich hatte, als kleines Kind, wenn ich gespielt habe, wenn ich gewisse Dinge gemacht habe, dieses Gefühl, wo man nicht aufhören will, wo man Fußball spielt, bis es so dunkel ist, dass man den Ball nicht sieht. Das ist genau das gleiche Gefühl, was ich habe, wenn ich mein Job mache. Im Grunde genommen habe ich keine Arbeit, ich habe nur die Chance, eine Plattform zu haben, auf denen ich mit tollen Menschen zusammen arbeiten kann. Ich weiß, es hört sich immer so ein bisschen komisch an, aber es ist tatsächlich so. Natürlich war es nicht immer einfach und ist nicht immer hart. Und ich glaube, da auch dieser Rat dieses Widrigkeiten sind ein viel, viel besserer Ratgeber als, sage ich mal, die Einfachheit. Das ist einfach so, dass alles klappt. Und deswegen glaube ich ja, also für junge Menschen am Anfang der Karriere so viel wie möglich sich inspirieren und sich stimulieren lassen und dann so ein bisschen in sich hineinhorchen und schauen, wo schlägt man aus, wo ist man emotional bei der Sache, weil da wird man am Ende am besten sein und alles, was man nicht mitbringt, kann man meistens auch ein bisschen antrainieren. Und vor allen Dingen gibt es ganz tolle andere Menschen, die das meistens dann viel besser können und mit denen man sich dann auch zusammentun kann. Aber diese innere Passion für etwas, die muss man finden und dann macht der Job auch Spaß, weil er sich nicht wie ein Job anfühlt. Und das für mich ist es das Ideale.
Vicky: Was für ein wunderbares Schlusswort. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Ich danke dir sehr für deine Zeit, lieber Simon. Es hat wie immer sehr viel Freude gemacht und für die Inspiration, die du uns hier mitgegeben hast.
Simon: Vielen Dank, liebe Vicky.
Vicky: Sehr gerne! Ich hoffe, euch hat diese Folge von Driving Change, dem Diversity Podcast gefallen. Neue Folgen gibt es immer donnerstags und damit ihr keine Folge verpasst, abonniert uns gerne auf allen gängigen Podcast Plattform und folgt uns auf LinkedIn, Instagram und Twitter. Falls ihr Ideen habt, welche Gäst:innen ich einmal in unserem Podcast einladen soll, macht doch gerne einen Vorschlag. Ich freue mich darauf und immer über euer Feedback. Bis zum nächsten Mal, eure Vicky.