Driving Change - Der Diversity Podcast

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Der Diversity, Equity & Inclusion Podcast von BeyondGenderAgenda

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DRIVING CHANGE

Der Diversity Podcast von BeyondGenderAgenda

Gemeinsam mit ihren Gäst: innen setzt CEO und Gründerin Victoria Wagner die Themen Diversity, Equity und Inclusion (DE&I) auf die Agenda der deutschen Wirtschaft. DE&I bezogene Fragen und aktuelle Ereignisse werden erörtert und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Durch das Teilen persönlicher Erfahrungen und konkreter Lösungsansätze wird ein Beitrag zu einer diverseren und inklusiveren Wirtschaft geleistet.

Gemeinsam mit ihren Gäst: 21.07.2022 EPISODE MIT PROF. MANUELA ROUSSEAU - Aufsichtsrätin der Beiersdorf AG, Autorin und Professorin

Manuela: Ich glaube es dreht sich gerade von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt. Und wer das rechtzeitig erkennt und rechtzeitig die Weichen stellt, der wird, wie wir es auch sein wollen, wettbewerbsfähig sein und ein attraktiver Arbeitgeber für Talente sein. Und da meine ich jetzt wirklich Frauen, verschiedene Kulturen, unterschiedliche Bildungswege, kreative Persönlichkeiten, Menschen mit Assistenzbedarf. Und wir kommen dann im Ergebnis doch zu einer ganz anderen, vielfältigen, anderen Arbeitswelt.

Vicky: Hallo und herzlich willkommen zu Driving Change, dem Diversity Podcast. Ich bin Vicky Wagner, Gründerin und CEO von BeyondGenderAgenda und spreche mit meinen Gäst:innen darüber, was wir gemeinsam tun können, um die Themen Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion auf die Agenda der deutschen Wirtschaft zu setzen. Meine heutige Gesprächspartnerin ist Professorin Manuela Rousseau. Manuela ist Aufsichtsrätin der Beiersdorf AG, Autorin und sie engagiert sich für Frauen in Führung. Schön, dass du da bist.

Manuela: Liebe Vicky, vielen Dank für die Einladung zum Podcast Driving Change. Mein Thema. Dein Thema. Ich freue mich drauf.

Vicky: Ja, herzlich gerne. Ich freue mich auch sehr drauf. Und vielleicht starten wir damit, dass du unseren Hörer:innen noch mal einen Einblick gibst, wer du bist, was du tust, was dich antreibt.

Manuela: Ach so richtig Selbstdarstellung, was wir Frauen ja alle nicht wollen und können. Nein, kleiner Scherz am Anfang, so sehr gerne. Ich bin Manuela Rousseau. Ich arbeite nunmehr seit 1984 für die Beiersdorf AG in Hamburg. Mein Weg bei Beiersdorf, es gab einen langen Weg davor, den lasse ich jetzt mal weg, begann im Einkauf, führte mich über Public Relations und als Pressesprecherin dann zu dem Thema Corporate Social Responsibility. Und heute arbeite ich bei Beiersdorf im Bereich von Misel Ahom. Wir haben seit einiger Zeit einen Global Diversity und Inclusion Bereich. Dort bin ich Senior Advisor.

Vicky: Das klingt spannend.

Manuela: Und ich denke, was ich auch nicht weglassen darf ist 1999 bin ich Mitglied bei uns im Beiersdorf Aufsichtsrat und dort auch seit 2021 auch stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende. Und ich finde, Beiersdorf und ich, wir passen so was von gut zusammen, weil die Freiräume, die ich immer wieder auch bekommen habe in dieser langen Zeit, ermöglichen es mir nämlich auch als Professorin an der Hochschule für Musik und Theater im Bereich Kultur- und Medienmanagement zu unterrichten. Also, da ist mein Fachbereich Fundraising.

Vicky: Ja, das klingt nach einer wunderbar inspirierenden Vielfalt und Bandbreite. Und fangen wir noch mal ein bisschen früher in deinem Leben an, also mit 14 Jahren musstest du die Schule verlassen, bist heute im Aufsichtsrat, wie du eben mitgeteilt hast. Wie ist es dazu gekommen? Was waren so die ganz wesentlichen Milestones, die dich dann doch dahin geführt haben, ganz an die Spitze eines unserer großen Vorzeige-Konzerne?

Manuela: Ja, also ich stamme aus einer Arbeiterfamilie und musste die Schule tatsächlich früh verlassen und auch zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Und meine Mutter hat einen wesentlichen Anteil an meiner Karriere, aber ganz anders, als man sich das vorstellt. Sie hat nämlich gesagt: Mädchen brauchen nichts Besonderes machen, nicht studieren und auch keine höhere Schule besuchen. Und überhaupt: Als ich geboren wurde, war ich die größte Enttäuschung in ihrem Leben, weil sie sich einen Jungen gewünscht hat. Also mit dieser Geschichte, Jungen können alles besser, Mädchen brauchen das alles nicht, bin ich groß geworden. Und deswegen habe ich eben mit einem Augenzwinkern gesagt, sie hat mich herausgefordert, ihr das Gegenteil zu beweisen. Und das ist tatsächlich dann auch gelungen, weil ich glaube, den engen Rahmen, den sie mir gesetzt hat, einfach nicht akzeptiert habe. Ja, das ist tausendmal mühsamer, als wenn man den goldenen Löffel schon mitbekommt und ein Studium absolvieren darf. Und so weiter. Also mit 14 Jahren sich ins Arbeitsleben zu begeben und das war ein langer Weg. Und da wir es nicht ganz ausführlich hier machen können, darf ich aber sagen, dass ich diesen Weg durchaus in meinem Buch „Wir brauchen Frauen, die sich trauen. Mein ungewöhnlicher Weg bis in den Aufsichtsrat eines DAX-Konzerns“ ziemlich ausführlich beschreibe und den Eindruck habe, dass ich damit schon sehr vielen Frauen Mut gemacht habe.

Vicky: Aber das ganz bestimmt. Und deshalb ist es auch so wichtig, diese Geschichte immer mal wieder zu erzählen und thematisieren. Und an dieser Stelle auch gerne eine Leseempfehlung und du hast es gesagt. Also du warst eigentlich von deiner Mutter in eine, sagen wir mal sehr übersichtliche Box gesetzt an Möglichkeiten und die hast du an allen Ecken und Kanten gesprengt. Ja, das ist ja sehr vorbildlich. Und jetzt sind wir aber auch heute im Jahr 2022 angekommen und es ist ja immer noch so, dass Frauen in der ein oder anderen Box feststecken, ob das nun von der Gesellschaft, vom Elternhaus, tatsächlich auch von Unternehmen vorgegeben ist. Sei's drum. Aber warum ist das so, dass auch heute immer noch Frauen an der einen oder anderen Stelle nicht so viel zugetraut wird?

Manuela: Also ich denke, das ist wirklich eine unglaublich tiefsitzende Stereotype. Ich geh gleich noch mal drauf ein, aber auch das Thema Sprache beides speist immer und immer wieder die tradierten Muster bis heute. Und sie pflanzen sich fort. Ich hab‘ das ja vorhin nochmal gedacht. Eigentlich ist es wie Unkraut. Ja, das wird man auch nicht richtig los. Und diese Stereotypen sind genauso schwer loszuwerden. Aber es ist es reicht eben nicht, Frauen sprachlich mitzudenken, wie es immer so freundlich gesagt wird oder formuliert wird, sondern wir müssen in der Sprache hörbar machen, dass die Frauen da sind, weil sonst wird das ganze alte Rollenbild nämlich immer und immer wieder bestätigt und es fehlen uns wirklich auch noch viele weibliche Vorbilder. Also ich weiß nicht, wie ausführlich ich werden darf und soll. Dieses Beispiel einer Stereotype habe ich letzte Woche in einem Vorstellungsgespräch erlebt, wo gefragt wurde von einem Mann: „Wie wollen Sie denn das schaffen? Ich meine, Sie haben drei Kinder.“ Mir blieb der Atem stocken. Und ein anderer männlicher Kollege sagte: „Also, Herr Kollege, diese Frage ist völlig unangemessen.“ Und ich dachte: Wow, wir sind einen klitzekleinen Schritt weiter. Und das ist wichtig. Das gilt auch für Frauen. Wann immer wir diese Stereotypen wahrnehmen, bewusst, manchmal nehmen wir sie nicht mal bewusst und tapsen selber noch in die Falle. Auch da schützt man sich selbst auch nicht ganz vor. Aber dann würde ich es gerne hören von jemanden, der sagt: „Ist dir nicht aufgefallen, was du da gerade gemacht hast.“ Damit man es adressiert, anspricht und damit dann doch diesen unendlich langsamen Prozess immerhin in Bewegung hält.

Vicky: Absolut. Du hast gerade zwei sehr interessante Punkte gebracht. Zum einen brauchen wir mehr Dialog und Austausch, mehr Mut, Stereotype und vielleicht Chancen, Ungerechtigkeit auch zu thematisieren und anzusprechen. Ja, und wir müssen einfach uns ein Stück weit weiter raus wagen und auch sichtbar werden, unsere Stimme erheben. Jede von uns, jeder von uns, muss das tun. Du machst das sehr vorbildlich in letztendlich allen von deinen Rollen und letztendlich auch als Buchautorin. Aber wie können wir vielleicht unseren Hörer:innen auch Mut machen, selber einen Schritt nach vorne zu gehen, ihre Stimme zu erheben und sich stark zu machen für das Thema Chancengerechtigkeit und Diversität? Hast du da eine Idee oder einen Tipp?

Manuela: Also ich sage immer wieder, man selber muss sichtbar werden, also nicht nur für andere. Beides spielt für mich eine große Rolle, dass man selber sich erhebt und sagt, ich habe eine Anmerkung, ich möchte dieses und jenes sagen. Gar nicht gegen die Stereotypen zu sprechen, in dem Fall durch Körpersprache sich zu erheben. Das ist schon unglaublich wichtig. Und auch auf seine eigene Stimme zu achten, nicht zu aufgeregt zu sein, Körpersprache spielt da eine Rolle für die eigene Wahrnehmung und auch das Durchbrechen dieser Stereotypen. Und Sichtbarkeit habe ich eben gesagt. Und die Solidarität untereinander, also in Besprechungen zum Beispiel vorher sagen: „Pass auf, ich komme nachher mal mit dem Vorschlag, kannst du mich unterstützen?“ Das muss man nicht nur mit Frauen untereinander machen, da kann man sich auch die Männer schon als Verbündete an Bord holen und sagen: „Mensch, ich mach dann nachher einen Vorschlag, guck doch mal, ob du den verstärken kannst!“, oder so. Also vielleicht, dass es einfach das Bewusstsein verstärken und etwas strategischer damit umgehen.

Vicky: Ja, genau. Das sogenannte Allyship. Und wenn wir jetzt mal auf die Diversität in der Wirtschaft schauen es tut sich ja was, wir thematisieren, dass die ganze Thematik zumindest mehr. Hast du persönlich so aus deiner Sicht auf die deutsche Wirtschaft einen Wandel hin zu mehr Diversität erlebt?

Manuela: Ja, den habe ich eindeutig erlebt. Also es ging damals los mit der Quote. Ja, die Quote ist wichtig und die Quote wirkt, wissen wir alle. Im Aufsichtsrat bei Beiersdorf waren wir bis vor kurzem 42 % Frauen. Das erste Mal in unserer Geschichte. Mittlerweile ist eine raus, dann ist man wieder bei 30, aber es bewegt sich ja dahin. Während man in den ganzen Vorstandsdiskussionen mit der freiwilligen Quote so schneckenartig vorankommt, dass man sieht, wir brauchen si. Ja, ich mag sie auch nicht unbedingt, aber sie wirkt. Und die Diversität hier bei Beiersdorf ist gestiegen, eigentlich erst 2021. Da komme ich nachher noch mal drauf. Wir haben angefangen und haben gesagt, wir möchten gerne das Thema Gender pushen und nach vorne bringen und auch realisieren. Und das Thema Internationalität. Wir sind in so vielen Ländern tätig, dass wir es einfach sind. Aber wie lebt man Internationalität dann auch tatsächlich? Und ich habe versucht, immer wieder aufzuzeigen, das ist nur ein kleines Stückchen vom Diversity-Kuchen. Ja, und es ist gut für den Anfang. Alles prima, aber wir müssen breiter werden. Und dann ist es wichtig, dass das Unternehmen auch von unten Eigeninitiativen fördert und zulässt. Und das war hier auch der Fall. Also dass die Kollegen und Kolleginnen dann tatsächlich vom LGBTIQ-Werk, also sozusagen vom Väter-Netzwerk, Altersdiskriminierung, was haben wir noch alles, Sister Hoodies. Also wir haben mittlerweile sechs verschiedene Gruppen, die sich verselbstständigt haben und die aber von unserem Team „Diversity“ unterstützt werden. Es gibt eine Pride Week mittlerweile. Es gibt die Diversity Week. Das war vor zwei Jahren vielleicht noch nicht mal vorstellbar. Und wir sind so ungefähr 2015 gestartet. Und zwar etwas ungewöhnlich. Ich immer in meiner Rolle als Aufsichtsrätin, hatte mich gerade entschieden, Feda beizutreten, um für diese Quote mitzugehen und hatte dem Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Pöllath darüber berichtet. Und der meinte: „Ja, dann müssen wir jetzt hier im Unternehmen ja wohl auch irgendwas machen. Dann benenne ich mal im Aufsichtsrat zwei Diversity Beauftragte.“ Das waren dann Arbeitnehmervertreter meine ich und auf der anderen Seite noch jemand anders dazu von Anteilseigner Bank. Und das heißt jetzt müsst ihr das hier im Unternehmen auch vorantreiben. Also nicht wir als Aufsichtsräte, wir sollen ja nur Aufsicht üben. Aber immerhin war der Startschuss gegeben. Und so begann der Weg bei Beiersdorf 2015 würde ich sagen 14, 15 dahin. Und seit 21 haben wir nun das, was ich denke, was Unternehmen brauchen und um am besten Diversity überhaupt steuern und voranbringen zu können.

Vicky: Und bei euch ist ja Diversity tatsächlich auch Chefsache. Also Vincent Warnery positioniert sich ja deutlich auch für das Thema Diversity. Und ich habe gerade jetzt noch wieder einen Post von ihm gelesen auf LinkedIn, dass er sagt, das Ziel ist, bis 2025 50:50 Gender Balance Company zu werden. Ich meine, das ist ja durchaus auch ein Weg, oder?

Manuela: Das ist großartig. Also auch in der langen Zeit hier bei Beiersdorf habe ich unterschiedliche Vorstände erlebt, die mehr oder weniger oder notgedrungen oder wie auch immer. Aber es ist das erste Mal, dass ich jemanden erlebe, der das in dieser Klarheit, eben 2021 dann auch einen eigenen Bereich hier aufgesetzt hat, aber der eben auch ein ganz deutliches Commitment gibt und seit wir diese eigene Funktion haben dafür, dazu zählt natürlich das richtige Personal, Fachkompetenz, das Budget muss dabei sein. Dieses klare Commitment schießt einen den Weg frei für diese Aufgabe. So kann man das sagen. Also insofern ist die Unterstützung aus dem gesamten Vorstand da, einschließlich Aufsichtsrat. Dazu gehören für mich aber auch ganz klare strategische Prozesse mit KPIs, die dann auch messbar sind. Hört sich vielleicht alles banal an, aber das war ein Prozess und ein langer Weg dahin. Jetzt bin ich ganz dankbar, dass ich merke, mit welchem Tempo wir hier unterwegs sind. Und das zweite, was auffällt, wie sehr viele Mitarbeiter plötzlich sozusagen die Grassroots, die ich schon beschrieben habe, sich weiter ausbreiten. Also was wir hier an Informationen, an Fragen, an Themen bekommen, großartig. Es ist einfach nur toll.

Vicky: Ja, hört sich nach einem wirklich soliden Prozess an und ich darf von der analytischen Seite wir machen ja nun viele Umfragen bestätigen, dass es in keinster Weise banal ist, sondern dass lange nicht jedes Großunternehmen, jeder Konzern, jedes auch börsennotierte Unternehmen eine Diversity Strategie, geschweige denn Ziele hat, es zur Chefsache macht oder Ressourcen zur Verfügung stellt. Also da können wir überall einen Haken hinter machen. Das finde ich großartig und ich hoffe, dass ihr mit der Dynamik auf dem Weg weiter bleibt. Und was mich noch mal interessieren würde es ist ja auch immer so eine Stakeholdergeschichte. Also was da auch gefordert wird von Lieferant:innen, von Zulieferer:innen, von Kund:innen aber auch. Also wie zeichnet sich bei euch das Bild der Kund:innen an? Habt ihr das Gefühl, die fordern auch in der Produktwelt Diversität?

Manuela: Ja, das tun sie ganz klar. Unsere Produkte sind auf dem ganzen Globus sozusagen zu Hause, wahrscheinlich in mehr als 2 Milliarden Haushalten. Und wir nehmen ganz, ganz deutlich wahr, dass unsere Konsumentinnen von uns erwarten, dass wir ihre Bedürfnisse sehen. Und wir sehen gelebte Vielfalt damit auch als eine ganz große Chance. Und nicht nur für Produktverkauf und Arbeitgeberattraktivität, das selbstverständlich auch. Aber ich finde, wir leisten auch einen notwendigen gesellschaftlichen Wandel, den wir mit beeinflussen, denn durch Werbung werden Menschen beeinflusst, durch Produkte, durch Design, durch alles Mögliche. Und das finde ich gerade an dieser Aufgabe auch so unglaublich spannend. Und du hast, glaube ich auch noch gefragt: Hat das auch auf die Produktpalette einen Einfluss? Ich habe zwei Beispiele rausgesucht. Wir haben im letzten Jahr das erste Mal Hansaplast in verschiedenen Nuancen, farblichen Nuancen, hergestellt und einfach festgestellt, wie glücklich Leute sind, dass sie die Möglichkeit haben, ihrem Hauttyp gerecht, also der Hautfarbe gerecht, ein Pflaster auswählen zu können. Hört sich auch einfach an, ist aber eine gesellschaftliche Veränderung. Und das zweite ist, als ein Kollege im Nivea Marketing, ich glaube schon vor 2 Jahren, gesagt hat: „Lass uns doch mal eine Regenbogendose machen“. Da wären 2, 3, 4 Vorstände der Generation davor vor Schreck unter den Schreibtisch gerutscht, vermute ich.

Vicky: Ich kann es mir vorstellen!

Manuela: Hier hieß es: „Machen wir. Und dann kommt Herr Warnery und macht noch ein Statement zum Christopher Street Day und wünscht allen viel Vergnügen und geht mal zum Nivea Haus, da kriegt dann auch jeder unsere Regenbogendose oder so. Großartig. Die Kunden sind Treiber und das ist gut so.

Vicky: Das ist gut so, weil ich glaube, tatsächlich, wie du es eben gesagt hast, man kommt ja gar nicht drauf, dass es das Pflaster, was es seit Jahrzehnten gibt, was so ein deutsches Qualitätsprodukt ist, verändert werden muss, angepasst werden muss. Aber natürlich ist es so und ich glaube, dass das ein wunderbarer Impuls ist, auch über andere Produktkategorien noch einmal nachzudenken. Und auch da zu schauen, wie man Individualität besser begegnen kann. Finde ich großartig. Und ich habe ein bisschen auf LinkedIn recherchiert und du bist ja tatsächlich, du hast es eben auch schon gesagt, sehr glücklich und sehr lange schon bei Beiersdorf. Ganze 38 Jahre, liebe Manuela. Und gerade in der heutigen Zeit ist das ja durchaus ungewöhnlich, so eine lange Verweildauer zu haben. Jetzt hast du eben schon begeistert von deinem Unternehmen gesprochen. Aber wenn du vielleicht sagst, die ein, zwei wesentlichen Punkte, warum du wirklich so lange die Treue hältst, weil ich kenne den Headhuntermarkt ganz gut. Ich kann mir vorstellen, deine Box rennt heiß tagtäglich. Aber warum bist du immer noch da, wo du angefangen hast?

Manuela: Ja, ich bin deswegen hier, weil Beiersdorf mir meinen nicht schulischen Weg durch praktisches Lernen ermöglicht hat. Ich habe erzählt, durch wie viele verschiedenen Stationen ich gegangen bin. Und diese Lernkurve, die wie ein Hunger bei mir wahrscheinlich im Inneren vorhanden war, den hat Beiersdorf bedient. Und das, glaube ich, ist auch das, was ich von meinen Studierenden höre. Die haben kein großes Interesse, 40 Jahre in einem Unternehmen zu arbeiten. Ich glaube, das ist ein Modell, das sich verschiebt. Aber sie haben Interesse, ihre eigenen Lernkurven auch nach dem Studium immer wieder auffüllen zu können. Sie wollen Begegnungen nicht nur weil Corona uns gerade ein bisschen gestoppt hat, sondern sie wollen Austausch, sie wollen wachsen innerhalb ihres Jobs. Und das alles habe ich hier bei Beiersdorf bis heute gefunden. Und ja, ich bin stolz, Beiersdorferin zu sein. Hört sich ein bisschen pathetisch an, mag es auch sein, aber für meinen Lebensweg war das das passende Unternehmen und ich denke, das würden viele andere Kollegen auch unterschreiben, auch die vielleicht nur fünf Jahre hier waren, aber dann sagen, das ist die tolle Zeit gewesen, auch bei Beiersdorf gewesen zu sein.

Vicky: Ja, klingt auf jeden Fall so, und wenn wir jetzt noch mal so auf den Dreiklang Politik, Wirtschaft, Gesellschaft schauen, was würdest du sagen, sind die wesentlichen Stellschrauben, die wir aktuell heute im Hier und Jetzt drehen müssen, an denen wir schrauben müssen, damit wir in Zukunft tatsächlich Diversität auch mehr im wirtschaftlichen Kontext als erfolgskritischen Wirtschaftsfaktor verstehen und da mehr Nutzen auch draus ziehen können.

Manuela: Ja, Inklusion beginnt natürlich beim Ich. Wir haben vorhin die Grassroots schon mal angesprochen und wir müssen diese Dinge, die uns fehlen in unserer Gesellschaft, wenn die Frauen jetzt sagen 50 % der Weltbevölkerung sind weiblich, dann müssen wir uns äußern und das einfordern. Und so muss es jede Gruppe für sich auch tun, damit Politik überhaupt weiß an welchen Schrauben sollen wir denn drehen? Wir sind gerade mit eingestiegen in einem neuen Projekt Innoklusio. Das wird dafür sorgen, dass in den nächsten drei Jahren mehr Unternehmen Menschen mit Behinderung oder mit Assistenzbedarf dann auch versuchen einzustellen und auch einen normalen Arbeitsplatz zu haben. Dass es einfach ein Stück Normalität wird. Daraus entstehen, sozusagen die Bedarfe. Also warum dürfen Menschen in Behindertenwerkstätten nicht als vollwertig, als Arbeitskraft gesehen werden, obwohl sie doch einen Job ausüben, aber keinen Mindestlohn bekommen? Ja, und so hättest du in jeder Gruppe kleine Dinge, die in der Politik, in der Gesetzgebung überholt sind, die man einfach neu angucken muss. In der Wirtschaft, na gut, die meisten haben's verstanden. Es hat nichts mit nice to have zu tun. Ich glaube, dass wir die besten Talente an uns binden, wenn wir verstehen, dass die Rahmenbedingungen, die Sicherheit, gutes Gehalt, sind immer noch einen Stellenwert. Aber Loyalität zu einem Arbeitgeber besteht für mich auch darin, dass wir flexible Arbeitszeiten haben, dass sich die Arbeitszeiten so verschieben, dass Mitarbeiter in ihren verschiedenen Lebensphasen wirklich auch ihren Unterhalt verdienen können. Ob Mann, ob Frau, ob halbtags, im Jobsharing, was auch immer, das wird die Wirtschaft leisten müssen. Ich glaube es dreht sich gerade von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt. Und wer das rechtzeitig erkennt und rechtzeitig die Weichen stellt, der wird, wie wir es auch sein wollen, im Wettbewerb fähig sein und ein attraktiver Arbeitgeber für Talente sein. Und da meine ich jetzt wirklich Frauen, verschiedene Kulturen, unterschiedliche Bildungswege, kreative Persönlichkeiten, Menschen mit Assistenzbedarf. Und wir kommen dann im Ergebnis doch zu einer ganz anderen, vielfältigen, anderen Arbeitswelt. Und ja, Inklusion beginnt mit jedem Einzelnen, habe ich vorhin gesagt, wir sind auf dem Weg.

Vicky: Das klingt gut und stimmt mich optimistisch. Und da bleibt mir nur, einen herzlichen Dank auszusprechen für dieses sehr inspirierende und sehr dynamische Gespräch. Das macht mir Mut, dass sich viel tut. Ihr geht voran. Wir begleiten das. Wir freuen uns drauf. Und herzlichen Dank für das tolle Gespräch.

Manuela: Vielen Dank, dass ich bei dir sein durfte.

Vicky: Sehr gerne. Ich hoffe, euch hat diese Folge von Driving Change, dem Diversity Podcast gefallen. Neue Folgen gibt es immer donnerstags und damit ihr keine Folge verpasst, abonniert uns gerne auf allen gängigen Podcast Plattform und folgt uns auf LinkedIn, Instagram und Twitter. Falls ihr Ideen habt, welche Gäst:innen ich einmal in unserem Podcast einladen soll, macht doch gerne einen Vorschlag. Ich freue mich darauf und immer über euer Feedback. Bis zum nächsten Mal, eure Vicky.

Über diesen Podcast

"Driving Change" ist der Diversity-Podcast von BeyondGenderAgenda, dem bedeutendsten Netzwerk für DE&I in der deutschen Wirtschaft.
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Diversität unser Leben, die Wirtschaft und unsere Zukunft beeinflusst. Welche Rolle spielen dabei Chancengerechtigkeit und Inklusion und welche aktuellen Ereignisse verändern unsere Welt.
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