Driving Change - Der Diversity Podcast

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Der Diversity, Equity & Inclusion Podcast von BeyondGenderAgenda

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DRIVING CHANGE

Der Diversity Podcast von BeyondGenderAgenda

Gemeinsam mit ihren Gäst: innen setzt CEO und Gründerin Victoria Wagner die Themen Diversity, Equity und Inclusion (DE&I) auf die Agenda der deutschen Wirtschaft. DE&I bezogene Fragen und aktuelle Ereignisse werden erörtert und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Durch das Teilen persönlicher Erfahrungen und konkreter Lösungsansätze wird ein Beitrag zu einer diverseren und inklusiveren Wirtschaft geleistet.

Gemeinsam mit ihren Gäst: 25.08.2022 EPISODE MIT HANNAH ZÜHLKE – Partnerin bei Roland Berger, Beiratsmitglied bei BeyondGenderAgenda und Mutter

Hannah: Es gibt zig Studien, die sagen, diverse Teams sind produktiver, kreativer, erzielen bessere Ergebnisse. Und das ist ja überhaupt gar nicht verwunderlich. Wenn ich nur in einem Team bin mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich, ähnlichen Hintergrund, ähnlichen Studienhintergrund ist ja kein Wunder, dass wir alle in die gleiche Richtung denken, wohingegen ein diverses Team einfach viel bessere Ergebnisse erzielt.

Vicky: Hallo und herzlich willkommen zu Driving Change, dem Diversity Podcast. Ich bin Vicky Wagner, Gründerin und CEO von BeyondGenderAgenda und spreche mit meinen Gäst:innen darüber, was wir gemeinsam tun können, um die Themen Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion auf die Agenda der deutschen Wirtschaft zu setzen. Meine heutige Gesprächspartnerin ist Hannah Zühlke. Hannah ist Partnerin bei Roland Berger und beschäftigt sich dort mit den Themen Nachhaltigkeit und Einkauf. Zusätzlich engagiert sich Hanna im Beirat von BeyondGenderAgenda. Schön, dass du da bist, liebe Hannah.

Hannah: Vicky, freut mich auch heute hier zu sein und ich muss auch dazu sagen, es ist meine erste Podcastaufnahme.

Vicky: Dann wird es ja besonders spannend für dich und für uns sowieso, weil du uns ja einiges zu sagen hast, freue ich mich schon drauf. Aber wir starten gerne mal damit, dass du dich einfach mal vorstellst mit deinen eigenen Worten. Wer bist du? Was machst du? Was ist dir wichtig?

Hannah: Sehr, sehr gerne. Also, wie schon gesagt, mein Name ist Hannah. Ich bin Partnerin bei Roland Berger im Bereich Operations und an der Schnittstelle zu Nachhaltigkeit. Heißt ich helfe Unternehmen oder auch Ländern bei der Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft, ESG Nachhaltigkeit ist ein relativ breites Feld. So, ich hab für die Unternehmensberatung und ganz klassisch BWL studiert und habe mir nach dem Studium gedacht, ich mach 2 bis 3 Jahre maximal Beratung und ja wie das dann immer so ist, jetzt nach zwölf Jahren bin ich immer noch hier und es macht mir auch verdammt viel Spaß und ich werde auch in nächster Zeit nirgends woanders hingehen. Was mich an der Beratung so fasziniert, ist Abwechslungsreichtum und auch das Lernen. Auch als Partnerin habe ich gerne mal gefragt: Ist das ein Unterschied als Partnerin? Nein, ist es nicht. Ich habe auch als Partnerin jeden Tag das Gefühl, wahnsinnig viel zu lernen. Und zwar, weil ich wahnsinnig viele tolle und sehr, sehr schlaue Kolleginnen und Kollegen habe. Und ich glaube, da sind wir auch schon direkt beim Thema, sehr diverse Kolleginnen und Kollegen, von denen ich einfach jeden Tag unheimlich viel mitnehmen kann.

Vicky: Das klingt in der Tat spannend und als wenn du jetzt was Richtiges tun würdest. Du hast es gerade schon gesagt, du hast diverse Kollegen und scheinst das sehr zu schätzen. Welche Rolle spielt denn Diversität für dich so ganz persönlich?

Hannah: Ja, ich würde vielleicht damit starten, noch mal kurz drüber nachzudenken, was Diversität überhaupt bedeutet. Und zwar? Für mich bedeutet das erstmal einen respektvollen und sehr wertschätzenden Umgang mit der Vielfalt von Menschen, sowohl hinsichtlich der, was man klassisch, die nicht veränderbaren Persönlichkeitsmerkmale nennt, also Geschlecht, Ethnizität, sexuelle Orientierung als auch die über die Zeit verändernden Merkmale wie Alter, Herkunft, Ausbildung, auch Familienstand. Also auch bei mir hat sich das jetzt erst kürzlich verändert. Ich bin vor sieben Monaten Mutter geworden und da geht es für mich darum, dass unsere Gesellschaft erst mal per se diese Persönlichkeitsmerkmale abbildet. Und deswegen bin ich der Überzeugung, dass wenn unsere Gesellschaft das tut wir natürlich mit bestimmten Abstufungen, aber das auch erstmal prinzipiell in Unternehmen, in der Politik, dass wir dieses Abbild der Gesellschaft auch finden sollte so, und das sollte auch zum Ziel haben, dass wir eben mit Diversität und Inklusion, Chancengleichheit schaffen und Diskriminierung verhindern. Und ich glaube, da haben wir auch in den letzten Jahren gesehen, also da hat sich echt wahnsinnig viel getan. Und es heißt nicht, dass wir Diversität schaffen, wenn wir einfach nur Diskriminierung wegnehmen. Da hat sich wirklich in den zwölf Jahren, in denen ich mit Unternehmen zusammenarbeite, auch in meinem privaten Umfeld, da ist schon zu einiger Veränderung gekommen. Aber die Abwesenheit von Diskriminierung heißt nicht sofort, dass wir bei Chancengleichheit sind. Und da nehme ich ein ganz akutes Beispiel, wenn wir uns ein Bild anschauen von den Staatschefs der G7-Gipfel, da muss uns einfach bewusst sein, da sind wir nicht. Und das ist noch ein verdammt langer Weg. Und dass wir da noch nicht sind, finde ich extrem schade, weil es gleichzeitig so eine Riesenchance bietet. Es gibt Studien, zig Studien, die sagen, diverse Teams sind produktiver, kreativer, erzielen bessere Ergebnisse. Und das ist ja überhaupt gar nicht gar nicht verwunderlich, wenn ich nur in einem Team bin mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich, ähnlichen Hintergrund, ähnlichen Studienhintergrund ist ja kein Wunder, dass wir, dass wir alle in die gleiche Richtung denken, wohingegen ein diverses Team einfach viel bessere Ergebnisse erzielt.

Vicky: Definitiv. Und dazu kommen wir auch noch. Und mich würde vor allen Dingen jetzt auch mal interessieren Du hast gesagt, du arbeitest eben in der Strategieberatung, das ist euer Umfeld. Ihr seid zwar divers schon aufgestellt, aber ich weiß auch von dir, ihr arbeitet da noch weiter dran. Ich meine, wie alle Unternehmen, die einen deutschen Ursprung haben, da noch dran arbeiten an ihrer Diversitätstransformation. Um das mal so zu sagen. Was unternehmt ihr ganz konkret, um eure Diversität weiter zu steigern und wie geht ihr das an? Ich kann mir vorstellen, dass viele Unternehmen da auch von eurem Handeln als Unternehmensberatung sich was abschauen können, was lernen können.

Hannah: Ja, absolut. Zum einen ist Diversität bei uns in der Unternehmensstrategie verankert und auch in unseren Neudeutsch Guiding Principles, unseren Nine Pledges, die sehr zentral sind für unsere Unternehmenskultur, das kann man natürlich sagen, ist in jeder Unternehmensstrategie verankert. Das macht ja keinen Unterschied. Allerdings bei uns ist Diversität tatsächlich Chefsache in dem Fall bzw Chefinnensache, bei uns eben Chefsache. Und wenn wir uns anschauen, was wir in den letzten Jahren geschafft haben im Bereich Diversity, dann ist das immens. Wir haben in den letzten fünf Jahren einfach wahnsinnig viel angestoßen und auch Ergebnisse erzielt, um eben diversere Teams hinzubekommen. Um ein paar Beispiele zu nennen. Im Bereich Recruiting: Wir haben spezifische Veranstaltungen und Angebote, zum Beispiel Karrierechats für Frauen, bestimmte Recruiting Angebote für Frauen. Wir haben jetzt ein EU Female Challenge Programm, spezielles Recruiting Angebot für LGBTQ Plus und sprechen auch ganz, ganz gezielt Kandidatinnen und Kandidaten verschiedener kultureller und fachlicher Hintergründe an, weil wir eben glauben, dass das die beste, kreativste und nachhaltigste Lösung ergibt, die wir unseren Kunden dann auch wieder anbieten können. Für unser Unternehmen selber bzw. für, sobald man bei uns eingestiegen ist, fokussieren wir Diversität natürlich auch in der Bindung an Roland Berger Kultur und Personalentwicklung. Wir haben einen Women's Day, einen Diversity Day, wir bieten Panel Diskussionen an, für Frauen haben Netzwerke also alles, um sicherzustellen, dass man sich bei uns tatsächlich sehr, sehr wohl fühlt. Ich glaube, das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite, das machen wir jetzt als Roland Berger für uns selber. Gleichzeitig sind wir uns aber auch der Rolle bewusst, die wir in der Wirtschaft und in der Gesellschaft einnehmen. Und da ist unser Anspruch, dass wir eben auch dieses Engagement nach draußen bringen und diese Werte in die Gesellschaft und Wirtschaft rein vermitteln. Eben auch beispielsweise jetzt durch unser Engagement bei euch, bei der BeyondGenderAgenda, aber eben darüber hinaus auch in jeglichen C-Level-Diskussionen, in Diskussionen mit der Politik, in Diskussionen mit Start-ups, um das einfach weiter voranzutreiben.

Vicky: Und dann würde mich interessieren, worin siehst du denn oder worin liegen denn für dich die größten Challenges? Also sowohl wenn wir die Wirtschaft noch betrachten, als auch wenn du auf eure eigene Organisation schaust. Was ist eigentlich das? Das, was besonders die harte Nuss ist, zum Knacken eigentlich?

Hannah: Ich will es mal zweigeteilt beantworten Ich glaube, wenn ich mir insbesondere Wirtschaft, Politik anschaue, dann sehe ich da die tatsächlich größte Challenge. Das ist, dass sich viele Unternehmen und Vereinigungen erst mal zu Diversität bekennen, dass es dann aber oft noch bei einem Lippenbekenntnis bleibt. Es werden hier die Regenbogenfahnen geschwungen und Ziele werden kommuniziert hin zu mehr Frauen in Führungspositionen, um ein paar Beispiele zu nennen. Und schaut man 5 bis 10 Jahre später, werden keine Ergebnisse erzielt. Oder auch wenn wir jetzt mit Unternehmen zusammenarbeiten, es mangelt nicht an den Zielen. Es mangelt an der konsequenten Umsetzung, dem Messen und auch Nachverfolgen, warum es dann nicht funktioniert hat. Das bringt mich zu dem zweiten Punkt. Und das ist ein ganz, ganz spezifischer Punkt. Wobei ich auch gleich noch mal darauf eingehen kann, was man oft oder was ich auch oft noch erlebe, ist, dass das viele auch einfach denken. Es gibt bestimmte Strukturen, die sind geschaffen, ich probier‘s gar nicht erst aus einem speziellen Thema, was mir sehr am Herzen liegt, sind natürlich auch Frauen, Frauen in der Führung, Frauen im Job und auch gerade Frauen mit Kindern oder auch Eltern mit Kindern. Und da finde ich es schon noch eine Herausforderung, dass auch ganz oft noch die Wahrnehmung da ist: Ich versuch's erst gar nicht, weil es wird eh nicht funktionieren.

Vicky: Ja, das ist also das. Das finde ich dramatisch. Zumal wir ja inzwischen auch gesetzliche Regulierungen haben für eine Frauenquote und das Thema sich davor drücken, es zu versuchen, dürfte gar keins mehr sein. Ja, aber das sehe ich so wie du da. Da hat Deutschland wirklich auch noch aufholen und Nachholbedarf. Und du hast eben einen, finde ich, sehr wichtiges Instrument genannt, nämlich das Messen und Nachhalten. Also du hast gesagt, dass Commitment ist ganz schnell da die Ziele folgen dann in der Regel auch, aber messen und nachhalten, das ist eben wichtig, damit man eben auch versteht, wenn es nicht geradlinig läuft, ja wenn nicht sofort jede Maßnahme Erfolg bringt, woran liegt's denn eigentlich? Messt ihr bei euch im Unternehmen auch?

Hannah: Ja, absolut. Wir messen. Letztendlich decken wir alle Dimensionen ab, die es dafür braucht, um erfolgreich zu sein. Von der Verankerung der Zuständigkeit auf Chef-Ebene in Anführungszeichen bis hin zu Zielsetzung Maßnahmen und eben auch ein ganz konkretes Nachhalten in sehr regelmäßigen Abständen. Und ich glaube, das macht bei uns auch tatsächlich den Unterschied aus.

Vicky: Und dann passt die Strategie entsprechend an, um noch weiter zu kommen, oder?

Hannah: Korrekt, genau.

Vicky: Und du hast mal erwähnt, dass es bei euch das Projekt EmpowHer und BeTheOriginalYou gibt. Was steckt dahinter?

Hannah: Ja, ich fange mal mit BeTheOriginalYou an, denn das ist, glaube ich, genau das, was uns auch als Roland Berger auszeichnet. BeTheOriginalYou bedeutet für uns, dass man genau die Person sein soll, die man auch ist, also man einfach authentisch man selber sein kann. Und das bedeutet mit unterschiedlichen Hintergründen, Stärken, Talenten und Persönlichkeiten. Und das ist diese Authentizität, die wir auch bei Kolleginnen und Kollegen suchen. Darauf ist auch unser Recruiting Prozess ausgelegt. Beispielsweise haben wir da ein Persönlichkeitsinterview, wo wir wirklich nur schauen. Zum einen passt diese Person zu unseren Werten, möchten wir diese Person anhand unseres Wertesystems als Kollegin und Kollege haben? Und auch: Was bringt die Person Neues dazu? Was für neue Sichtweisen? Persönlichkeitsmerkmale, bringt die Person in unser Team rein. Du hast gerade auch noch EmpowHer genannt. Das ist tatsächlich ein Workshop bzw. eine Recruitingveranstaltung nur für Frauen, wo wir einfach nochmal einen separaten Raum schaffen, um eben speziell auch Frauen zu rekrutieren, um aber auch zu ermöglichen, auch ganz spezifische Fragestellungen zu stellen oder Bedenken zu äußern an der Beratung und eben hier auch sicher zu sein, dass Frauen sich diesen Weg trauen. Wir merken oftmals auch noch, dass da auch eine gewisse Zurückhaltung besteht oder ein Denken besteht. Ach, ich weiß nicht, ob ich so ein Interview durchstehe und da müssen wir auch mal ganz natürlich, ja. Also warum nicht, Frauen sind genauso gut qualifiziert wie natürlich auch die Männer. Und wir stellen da einfach sicher, dass man nochmal durch ein separates Coaching durchlaufen kann, Trainings bekommt, um eben diesen Weg in die Beratung gehen zu können.

Vicky: Dafür gewappnet zu sein. Ja, das hört sich doch gut an und du hast gerade gesagt, Frauen trauen sich an der einen oder anderen Stelle noch nicht. Wir wissen auch, dass manche Frauen, die einen Kinderwunsch haben, aber gerne Karriere machen wollen, da ein bisschen verhaltener sind und noch nicht wissen, wie sie das genau übereinbringen sollen. Jetzt bist du Partnerin bei einer Unternehmensberatung und du bist Mutter und du hast eben gesagt du hast eine junge Tochter. Wie ist das für dich als Mutter? Welchen Anspruch hast du eigentlich an Unternehmen von heute, damit diese Hemmungen bei Frauen auch ein bisschen sinkt und man schneller erkennen kann: Es ist möglich. Und wenn ich das möchte, beides zu kombinieren, steht dem nichts im Wege. Was muss ein modernes Unternehmen dafür leisten?

Hannah: Also ich glaube, zum einen ist es natürlich erstmal so, dass ich als Frau auch sehen muss, dass es gewisse Rollenmodelle gibt oder gewisse Personen gibt, die dieses, die das schon leben. Das macht es natürlich immer einfacher, als Pionier oder Pionierin zu sein in dieser Rolle. Das erste ist natürlich immer der etwas angenehmere Weg letztendlich. Persönlich glaube ich erst mal daran, dass wenn man einen Job hat, wo man tatsächlich einen wie wir neudeutsch Purpose hat, also ein einem größeren Zweck erfüllt, stellt sich die Frage gar nicht. Weil letztendlich möchte ich auch weiterarbeiten. Es macht mir Spaß zu arbeiten und ich habe das Gefühl, dass ich tatsächlich was bewege. Für mich persönlich ist es das Thema Nachhaltigkeit. Ich kann mir nicht vorstellen, nicht daran zu arbeiten. Ich brauch das ganz, ganz einfach. Und dann glaube ich, der zweite Aspekt Es ist nicht nur das Unternehmen, was daran was ändern kann, sondern es ist im weiteren Sinne auch unsere Gesellschaft. Also ganz persönlich. Ich bin sehr, sehr früh nach der Geburt meiner Tochter wieder zurück in den Job gegangen, einfach auch, weil ich es sehr vermisst habe, um ehrlich zu sein. Und habe dafür überhaupt nicht von Roland Berger, aber auch von meinem Umfeld sehr viel Gegenwind bekommen, um mal eine Studie zu finanzieren, die auch kürzlich erst durchgeführt wurde. Von 6500 Befragten in Deutschland glauben rund die Hälfte, dass eine Elternzeit von drei Jahre und zwei Monate angemessen ist. Und danach sollte die Frau auch maximal 15 Stunden pro Woche arbeiten. Auf der anderen Seite 0,7 % aller Frauen kehren nach zwei Monaten wieder zurück an den Arbeitsplatz. Ich glaube, diese Zahlen muss man einfach mal sacken lassen und das stellt auch so ein bisschen da was oder zeigt, was für ein Gegenwind man auch einfach bekommen kann. Nichtsdestotrotz: Ein Unternehmen kann natürlich wahnsinnig viel machen. Was ich bei uns so geschätzt habe, ist zum einen das Vertrauen. Ich wusste, ich kann zurückkommen, die Projekte sind da, die Themen sind da, ich werde dementsprechend wieder offen aufgenommen. Es gibt aber auch ein sehr, sehr großes Vertrauen, dass ich meinen Job auch einfach machen kann und dass ich mich auch melden kann, wenn ich etwas brauche. Und diese Flexibilität hat mir persönlich sehr, sehr einfach gemacht, wieder zurück an den Arbeitsplatz zu kommen. Ich weiß aber auch, dass das ein Privileg ist, den es in anderen Jobs so auch nicht gibt. Muss ich, muss ich auch ganz ehrlich sagen. Und zu guter Letzt muss ich mich da auch meinen Kolleginnen und Kollegen und auch Kunden bedanken für alle die Stunden, die sie mit meiner Tochter am Telefon- und Videokonferenzen verbracht haben.

Vicky: Ja, das ist sehr nett. Wir haben es letztlich bei Anton Hofreiter in der Politik gesehen. Ja, und ich glaube, es wird, es wird immer mehr zur Schule, dass das eben auch möglich ist. Und da muss ich an dem Punkt sagen, das ist wirklich was Positives, was uns die Pandemie gebracht hat, dass wir alle, auch in Deutschland, digitaler unterwegs sind. Auch wir sehen uns hier bei der Podcastaufnahme. Das ist einfach schön, dass es da nicht so auf Distanz. Aber es ist eben digital möglich und gibt eben auch die Möglichkeit, ein Kind mal dabeizuhaben und insofern auch mehr Flexibilität auch wieder teilzunehmen am Berufsleben, wenn man das denn möchte. Ja, sehr schön. Und wir haben auch schon über ja einfach den großen Unterschied gesprochen. Und ich finde es toll, dass es immer mehr Männer gibt, die Care Arbeit übernehmen. Die sind oft auch sehr sichtbar auf den sozialen Netzwerken. Die sind sogenannte Role Models und das ist auch gut so, weil ich glaube, das ist etwas, was noch viel mehr zum Standard werden muss, dass man sich Care Arbeit, sei es bei Kindern oder sei es auch beim Pflegen der Angehörigen, egal worum es sich handelt. Aber das sollte, glaube ich, viel mehr Schule machen, dass man sich teilen kann in der Partnerschaft. Und es gibt aber Themen, die kann man sich nicht so aufteilen. Also wir haben da vorhin mal kurz drüber gesprochen, im Vorfeld zum Podcast, zum Beispiel das Thema Stillen. Das ist nun einfach bei der Frau verankert und auch das kann ja die ein oder andere Hürde im Berufsleben mit sich bringen. Hast du da irgendeine Erfahrung mit gemacht?

Hannah: Ja, absolut. Also erstmal habe ich die Erfahrung gemacht, dass man vor einem Kind doch nicht alles weiß, was man glaubt zu wissen, um damit einmal einzusteigen. Aber natürlich, es gibt bestimmte Sachen, die kann in Anfürhungszeichen nur die Frau abdecken. Stillen gehört definitiv dazu und es ist auch ein Thema, was glaube ich speziell auch in Deutschland eines der großen Hemmnisse ist, wieder zurück an den Arbeitsplatz zu kommen, weil einfach sowohl seitens der Frau die Wahrnehmung da ist, ich muss abstillen, bevor ich wieder arbeiten kann, als auch seitens der Unternehmen oder der Arbeitgeber gar keine Infrastruktur dafür bereitgestellt wird, eine stillende Frau wieder am Arbeitsplatz begrüßen zu können. So, ich habe auch hier wieder das große Glück und das Privileg in einem Unternehmen zu arbeiten, wo auch einfach gesagt wurde: Okay, was brauchst du, was was können wir machen, damit das alles funktioniert? Und wir haben jetzt eine Infrastruktur geschaffen, die das eben auch ermöglicht. Aber ich sehe es ja auch bei anderen Unternehmen, bei meinen Kunden, dass diese Infrastruktur keine Selbstverständlichkeit ist. Und da muss ich auch einfach an die Unternehmen gerichtet sagen, da müsst ihr was ändern. Wenn ihr wollt, dass Frauen zurückkommen, und zwar früher als als ein Jahr Auszeit. Ähm, wenn ihr das wollt, dann müsst ihr dafür eine Infrastruktur bieten. Nicht jede Frau will stillen, das ist auch klar. Aber sie sollte die Option haben. Und eine Frau, die arbeitet, sollte auch die Möglichkeit haben. Und das ist ganz, ganz, ganz wichtig.

Vicky: Ja, und um das Ganze noch mal, finde ich auch, das ist wichtig, auch darüber mal zu sprechen und Transparenz für so ein Thema zu schaffen, weil das einfach auch eine, ja durchaus eine kritische Bedingung sein kann, ob man schnell wieder ins Berufsleben geht oder nicht, wenn man es denn persönlich möchte und aber ob man das auch noch mal auf so eine etwas höhere Ebene zu heben, es ist ja letztendlich die Verantwortung der Unternehmen. Und alle klagen aktuell über die geschrumpfte Menge an Erwerbstätigen, den demografischen Wandel, das Fehlen an Führungs- und Fachkräften. Aber das anzugehen, liegt an der Verantwortung auch von Unternehmen, um sich attraktiver aufzustellen und letztendlich die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und potenzielle Mitarbeitenden zu adaptieren. Und da war das ein wunderbares Beispiel. Gibt es da vielleicht noch ein Beispiel, was wir ergänzen möchte, was man tun kann, um eben attraktiver die Bedürfnisse von Mitarbeitenden anzusprechen?

Hannah: Ja, vielleicht noch mal als Ergänzung zu dem Thema von gerade. Ich glaube, das ist übrigens auch ein sehr spezifisches deutsches Problem. Wenn ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen spreche, aus Frankreich, aus den USA, aus Skandinavien. A war das für die überhaupt gar kein Thema, dass eine Frau zwei Monate nach der Geburt eines Kindes wieder arbeitet? Absolut normal. Und zweitens das Thema Stillen am Arbeitsplatz. Auch da wurde ich mit Ungläubigkeit angeguckt, weil auch das Thema schon viel präsenter ist. Und da sind wir Deutschen einfach Schlusslicht. Muss ich ganz, ganz ehrlich sagen. Da sind wir absolutes Schlusslicht.

Vicky: Ja, absolut nicht.

Hannah: Dass das noch mal, um das abzuschließen.

Vicky: Nicht nur darin. Genau das ist in der Tat so, ja, da sind wir offensichtlich noch in irgendeiner Zeitenwende verhaftet, in einer Art gefühlten Rollenbildern, von denen wir uns nicht so ganz lösen können. Was aber, glaube ich, wichtig ist, um als moderner Arbeitgeber auch heute am Markt wahrgenommen zu werden.

Hannah: Ja, absolut. Und das andere Thema, da will ich jetzt auch gar nicht so tief drauf eingehen. Was ich in den Medien genug diskutiert wird, ist Flexibilität eben auch an einem Arbeitsplatz. Ob es flexible Arbeitsstunden sind, ob, sagen wir mal zwischendurch die Zeit ist, die man sein Kind von der Kita abholen muss oder irgendwas möglich machen muss. Das muss gegeben sein.

Vicky: Ja, wunderbar. Dann freue ich mich mit diesem Appell an letztendlich unsere Wirtschaft und unserem Unternehmen, die gerne als moderner Arbeitgeberinnen wahrgenommen werden möchten. Damit möchte ich gerne schließen. Ich danke dir für die inspirierenden Insights, die du uns gegeben hast und danke dir für das schöne Gespräch Hannah.

Hannah: Sehr sehr gerne. Hat mich sehr gefreut.

Vicky: Ich hoffe, euch hat diese Folge von Driving Change, dem Diversity Podcast gefallen. Neue Folgen gibt es immer donnerstags und damit ihr keine Folge verpasst, abonniert uns gerne auf allen gängigen Podcastplattformen und folgt uns auf LinkedIn, Instagram und Twitter. Falls ihr Ideen habt, welche Gäst:innen ich einmal in unserem Podcast einladen soll, macht doch gerne einen Vorschlag. Ich freue mich darauf und immer über euer Feedback. Bis zum nächsten Mal, eure Vicky.

Über diesen Podcast

"Driving Change" ist der Diversity-Podcast von BeyondGenderAgenda, dem bedeutendsten Netzwerk für DE&I in der deutschen Wirtschaft.
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Diversität unser Leben, die Wirtschaft und unsere Zukunft beeinflusst. Welche Rolle spielen dabei Chancengerechtigkeit und Inklusion und welche aktuellen Ereignisse verändern unsere Welt.
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